Ein Kreuzbandriss bedeutet für Betroffene nicht nur Schmerzen, sondern auch eine lange Ausfallzeit. Die Frage nach der richtigen Kreuzbandriss-Behandlung spielt für Patienten deshalb eine wichtige Rolle. Schließlich wollen sie schnell wieder zurück zu Sport und Alltag.
Inhalt
Wie entsteht ein Kreuzbandriss?
In Deutschland kommt es jedes Jahr zu rund 80.000 Rissen des vorderen Kreuzbandes (VKB). Sie stellt damit die häufigste Bandverletzung im Knie dar. Ein Riss des hinteren Kreuzbandes (HKB) kommt hingegen seltener vor, da das Band dicker und insgesamt das stärkste aller Bänder im Kniegelenk ist.
Ursache für eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes sind meist Unfälle, bei denen die Krafteinwirkung auf das Band so groß ist, dass es zerreißt.
Dabei befindet sich das Knie häufig in einer gebeugten Stellung mit nach außen gedrehtem Unterschenkel und Fuß. Kommt es in dieser Haltung zusätzlich zu einem Einknicken nach innen, reißt das Kreuzband. Dies wird als Valgusmoment bezeichnet, von dem insbesondere Fußballer betroffen sind.
Daneben kann auch ein Unfall mit einer Überstreckung des Knies zu einem Riss des vorderen Kreuzbandes führen. Diese Gefahr besteht besonders bei Skianfängern. Aber auch fortgeschrittene Skifahrer können sich bei einem unglücklichen Sturz das Kreuzband reißen.
Wichtige Faktoren bei der Wahl der Kreuzbandriss-Behandlung
Da die Ausheilung einer VKB-Ruptur eher unwahrscheinlich ist, muss eine gezielte Therapie durchgeführt werden. Dabei steht sowohl eine konservative als auch eine operative Behandlung zur Auswahl.
Eine allgemeingültige Empfehlung, welche Kreuzbandriss-Behandlung die richtige ist, gibt es dabei nicht. Es ist immer eine individuelle Entscheidung, die ein Patient gemeinsam mit seinem behandelnden Arzt trifft.
Grundsätzlich gibt es aber bestimmte Faktoren und Aspekte, die du bei der Entscheidung für eine Therapie berücksichtigen musst. Das sind:
Schweregrad der Verletzung
Sind weitere Strukturen im Knie verletzt (z.B. Mensikus oder Seitenbänder) und ist dadurch eine starke Instabilität gegeben, ist eine Operation eigentlich unumgänglich.
Art der Ruptur
Eine Überdehnung, bei der die Kreuzbandfasern noch intakt sind, muss nicht operiert werden. Auch bei einer Teilruptur kann eine konservative Therapie ausreichen. Das ist aber von der genauen Art der Ruptur abhängig, die nur ein Arzt beurteilen kann.
Alter und Lebensumstände
Für ältere Menschen und Patienten, die keine hohen beruflichen und sportlichen Anforderungen an ihr Knie haben, ist eine konservative Therapie eher möglich als für junge und aktive Menschen, die zum Beispiel wieder ihrem Sport nachgehen wollen.
Kreuzbandriss ohne OP behandeln
Bei einer konservativen Therapie eines Kreuzbandrisses wird der Verlust des Bandes durch die Muskulatur kompensiert. Ziel der konservativen Kreuzbandriss-Behandlung ist also die Kräftigung der Muskulatur und damit einhergehend eine langsame Wiederherstellung der Funktion des Kniegelenks.
Für wen eignet sich die konservative Therapie?
Eine konservative Kreuzbandriss-Behandlung wird vor allem bei älteren und sportlich wenig aktiven Patienten bevorzugt. Auch jüngere Patienten, die keine oder nur eine geringe Instabilität im Knie aufweisen, können eine Kreuzbandruptur konservativ behandeln.
In einigen Fällen ist auch bei einer Teilruptur eine konservative Behandlung die erste Option, da das Kreuzband unter Umstände von selbst heilen kann.
Auch bei einem hinteren Kreuzbandriss geht die Tendenz zur konservativen Therapie, da eine Heilung hier eher möglich und die Operation komplizierter als bei einem vorderen Kreuzbandriss ist.
Wie läuft die konservative Therapie ab?
In der ersten Phase nach der Verletzung wird das Knie geschont und darf etwa zwei bis sechs Wochen nur teilbelastet werden. Um das Gelenk zu stabilisieren, musst du außerdem oft für etwa drei Monate eine Orthese tragen. In dieser Zeit beginnst du mit der physiotherapeutischen Behandlung.
Mit Hilfe des Physiotherapeuten kräftigst du deine Muskulatur und stellst so die Funktion deines Knies langsam wieder her.
Leichte sportliche Tätigkeiten wie Schwimmen oder Fahrradfahren sind nach einigen Wochen wieder möglich. Auf starke Belastungen solltest du mindestens sechs Monate verzichten.
Erfolgsaussichten der konservativen Therapie
Viele Orthopäden empfehlen heutzutage keine operative Rekonstruktion einer Kreuzbandruptur mehr. Sie berufen sich dabei auf eine schwedische Studie [1]Frobell RB, Roos EM, Roos HP, Ranstam J, Lohmander LS. A randomized trial of treatment for acute anterior cruciate ligament tears. N Engl J Med. 2010 Jul 22;363(4):331-42. doi: 10.1056/NEJMoa0907797. … Continue reading, bei der Patienten nach Kreuzbandriss zwei und fünf Jahre später über ihren subjektiven Zustand des Knies anhand einer Schmerzskala befragt wurden.
Dabei gab es weder nach zwei noch nach fünf Jahren nennenswerte Unterschiede zwischen Operierten und Nicht-Operierten. Allerdings ist die Aussagekraft dieser Studie stark eingeschränkt:
- Schäden an Menisken und am Knorpel infolge der Instabilität im Kniegelenk treten meist erst nach zehn Jahren auf.
- Sowohl Knorpel als auch Menisken besitzen keine Schmerzfühler – eine Degeneration spürt ein Patient also erst im fortgeschrittenen Stadium.
- Die Studiengruppe bestand aus Patienten mit isoliertem Kreuzbandriss, das heißt ohne weitere Begleitverletzungen. Das betrifft in der Realität maximal 20% aller Patienten.
Zudem kann das Stabilitäts-Defizit durch ein fehlendes vorderes Kreuzband mit muskulärem Training nicht einfach ausgeglichen werden, auch wenn du es subjektiv vielleicht nicht so wahrnimmst. Gerade ein intensives Training des Quadrizeps bringt das Knie wiederholt in die Position, die durch ein intaktes VKB verhindert wird. Das vermehrte Gleiten schadet dadurch eher.
Ein beschwerdefreies Intervall bedeutet außerdem nicht, dass keine Schäden vorhanden sind. Du nimmst sie womöglich nur nicht als schmerzhaft wahr. Gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist deshalb eine Kreuzband-OP das bevorzugte Therapieverfahren.
Kreuzbandriss operieren
Ziel der operativen Therapie einer VKB-Ruptur ist die Wiederherstellung eines mechanisch stabilen und funktionsfähigen Kniegelenks.
Eine Kreuzband-OP findet heutzutage fast ausschließlich im Rahmen einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) statt. Der Chirurg ersetzt das gerissene Kreuzband dabei durch eine körpereigene Sehne.
Drei Sehnen eignen sich dafür: die Semitendinosus-Sehne, die an der Innenseite um das Kniegelenk verläuft, die Patella-Sehne, die zur Kniescheibe gehört oder die Quadrizepssehne am vorderen Oberschenkel. Alle drei Methoden haben ihre individuellen Vor- und Nachteile.
Am häufigsten kommt heutzutage die Semitendinosus-Sehne zum Einsatz. Das Transplantat ist mindestens genauso reißfest wie ein natürliches Kreuzband.
Wurde der Kreuzbandriss frühzeitig diagnostiziert, besteht auch die Möglichkeit eines Kreuzbanderhaltes. Dieser ist jedoch nur in den ersten 3 – 4 Wochen nach der Verletzung möglich, da das Heilungspotenzial des gerissenen Kreuzbandes nach dieser Zeit nachlässt.
Für viele Patienten fällt ein Kreuzbanderhalt jedoch weg, da sie oft schon mehrere Wochen warten müssen, bis sie sich bei einem Orthopäden vorstellen und einen OP-Termin vereinbaren können. In diesem Beitrag gehe ich deswegen nicht genauer darauf ein.
Für wen ist die operative Therapie sinnvoll?
Die operative Behandlung einer VKB-Ruptur ist vor allem bei Patienten mit Begleitverletzungen, starker Instabilität oder, wenn die konservative Therapie nicht erfolgreich war, vorgesehen.
Aufgrund der operativen Möglichkeiten und hohen Erfolgschancen werden außerdem aktive und jüngere Patienten in der Regel operiert. Und auch solchen, die aus beruflichen Gründen ein stabiles und funktionsfähiges Knie benötigen, wird zur Kreuzband-OP geraten.
Eine Altersgrenze für die Kreuzband-OP gibt es deshalb aber nicht und du allein entscheidest, ob du einen Kreuzbandriss operieren lassen willst oder nicht.
Wann wird operiert?
Eine Kreuzband-OP erfolgt in der Regel nicht sofort. Lediglich bei Leistungssportlern kommt es vor, dass sie innerhalb von 48 Stunden operiert werden, damit sie schneller wieder fit sind.
Bei allen anderen findet die Operation im Normalfall erst einige Wochen nach der eigentlichen Verletzung statt. Eine günstige Zeit für eine OP ist meist vier bis sechs Wochen nach dem Unfall, wenn das Knie abgeschwollen, schmerzfrei und gut beweglich ist.
Nach der Operation
Die Operation findet entweder ambulant oder mit einem stationären Aufenthalt von ein bis drei Nächten statt. In der ersten Woche hast du eine Streckschiene, die eine übermäßige Bewegung des operierten Knies verhindert. Zusätzlich musst du für ein bis drei Wochen Krücken nutzen.
Nach einer Woche beginnt die Physiotherapie. In den ersten Wochen der Teilbelastung besteht die Physiotherapie daraus, die Schwellung zu verringern und ein übermäßiges Atrophieren der Muskulatur (d.h. Muskelabbau) im operierten Bein zu vermeiden.
Nach ungefähr drei Monaten kannst du wieder mit leichten sportlichen Tätigkeiten wie Schwimmen oder Fahrradfahren beginnen. Schwere körperliche Belastungen sowie Stop-and-Go-Sportarten wie Fußball sind frühestens nach einem halben Jahr, eher nach neun bis zwölf Monaten, wieder möglich.
Erfolgsaussichten der operativen Therapie
Die Erfolgsaussichten einer operativen Kreuzbandriss-Behandlung sind sehr gut. In 70-90 % der Fälle kann wieder ein stabiles Kniegelenk hergestellt werden. Mindestens genauso wichtig wie die korrekte Durchführung bei der operativen Behandlung ist die Reha nach der Kreuzband-OP.
Hier ist vor allem deine Motivation gefragt.
Ein guter Physiotherapeut kann dich nur anleiten und dir passende Übungen zeigen. Machen musst du die Übungen aber selbst.
Bei erfolgreicher OP und konsequenter Physiotherapie bzw. Training stehen die Chancen aber sehr gut, dass du wieder zurück auf dein altes Niveau kommst.
Die richtige Kreuzbandriss-Behandlung für dich
Es gibt keine festen Regeln, welche die richtige Therapie bei einem kaputten Kreuzband ist, sondern es ist immer eine Einzelfallentscheidung, die von verschiedenen Faktoren abhängig ist.
Welche Kreuzbandriss-Behandlung für dich die richtige ist, solltest du deshalb immer mit deinem Arzt entscheiden.
Rät er dir zum Beispiel aufgrund von Begleitverletzungen zu einer Operation, solltest du nicht auf eine konservative Therapie pochen, nur weil du glaubst, damit früher wieder deinem Sport nachgehen zu können. Schlägt eine konservative Therapie nämlich fehl, so dass am Ende operiert werden muss, verlierst du so gesehen noch mehr Zeit.
Auf der anderen Seite bedeutet nicht jeder Kreuzbandriss automatisch eine Operation. Lies dazu meinen Beitrag Was Coper und Non-Coper mit der Therapieentscheidung zu tun haben.
Es ist daher völlig legitim, dass du dir eine Zweitmeinung eines anderen Arztes einholst, wenn du unsicher bist.
Quellen und weiterführende Links[+]
↑1 | Frobell RB, Roos EM, Roos HP, Ranstam J, Lohmander LS. A randomized trial of treatment for acute anterior cruciate ligament tears. N Engl J Med. 2010 Jul 22;363(4):331-42. doi: 10.1056/NEJMoa0907797. Erratum in: N Engl J Med. 2010 Aug 26;363(9):893. PMID: 20660401. |
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