Ein Kreuzbandriss gehört zu den häufigsten Knieverletzungen überhaupt. Vor allem Fußballer und Skifahrer haben ein höheres Risiko für eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Erfahre hier alles Wichtige, was du über diese ernsthafte Verletzung wissen musst.
Inhalt
Was ist ein Kreuzband?
Das Knie ist eines der komplexesten und am stärksten belasteten Gelenke im menschlichen Körper. Es setzt sich aus dem oberen Teil des Schienbeins (Tibia), dem unteren Teil des Oberschenkelknochens (Femur) und der Kniescheibe (Patella) zusammen.
Die Knochen allein reichen allerdings nicht aus, um dem Kniegelenk seine Funktion und Stabilität zu geben. Neben der Gelenkkapsel, den Menisken, Sehnen sowie dem inneren (medialen) und äußeren (lateralen) Seitenband sind hier auch die Kreuzbänder gefragt.
Insgesamt hast du vier Kreuzbänder, zwei davon in jedem Knie: ein vorderes Kreuzband (VKB) und ein hinteres Kreuzband (HKB). Die medizinischen Fachbegriffe lauten Ligamentum cruciatum anterius für das vordere und Ligamentum cruciatum posterius für das hintere Kreuzband.
Die beiden Kreuzbänder liegen zentral zwischen den Gelenkflächen von Femur (Oberschenkel) und Tibia (Schienbein) und verbinden diese miteinander.
Woher haben die Kreuzbänder ihren Namen?
Ihren Namen haben die Kreuzbänder im Knie, weil sie sich in ihrem Verlauf überkreuzen. Das vordere Kreuzband zieht dabei von hinten außen (oben) nach vorne innen (unten), das hintere Kreuzband von vorne innen (oben) nach hinten außen (unten).
Aufgaben der Kreuzbänder
Gemeinsam mit den weiteren Strukturen des Kniegelenks sorgen die Kreuzbänder dafür, dass du laufen, springen und dich frei bewegen kannst, ohne dass du dir ständig Gedanken machen musst, ob dein Knie stabil bleibt. Denn besonders das vordere Kreuzband muss im Alltag und beim Sport hohe Lasten aushalten.
Passive Stabilisierung
Die Kreuzbänder sind wie eine Art Führungsmechanismus, die die Bewegung des Knies kontrollieren. Zusammen mit den beiden Seitenbändern tragen sie dazu bei, dass deine Knie auch ohne aktive Bewegung in ihrer richtigen Position bleiben.
Begrenzen von Bewegung zum Schutz vor Verletzungen
Unsere Knie können beugen, strecken und in geringem Maß auch rotieren. Die Kreuzbänder verhindern, dass diese Bewegungen zu weit gehen und es dadurch an anderen Strukturen zu Schäden kommt.
Beispielsweise verhindert das vordere Kreuzband, dass dein Oberschenkel übermäßig nach vorne über das Schienbein schieben kann. Das wird medizinisch als anteriore Tibiatranslation bezeichnet. Bei einem Kreuzbandriss tritt diese Verschiebung vermehrt auf, da das vordere Kreuzband diese Bewegung nicht mehr hemmt. Analog dazu verhindert das hintere Kreuzband, dass dein Schienbein nach hinten unter den Oberschenkel gleitet (posteriore tibiale Translation).
Bewegungskontrolle
Jede Bewegung des Knies ist ein komplexes Zusammenspiel aus Rollen und Gleiten. Sowohl das vordere wie auch das hintere Kreuzband helfen, diese Bewegungen zu koordinieren und unterstützen damit die korrekte Ausrichtung des Kniegelenks bei den verschiedensten Aktivitäten in Sport und Alltag. Denn je nach Gelenkstellung sind die Kreuzbänder unterschiedlich gespannt und gewährleisten damit den Schutz des Gelenks vor einem unnatürlichen Verschleiß.
Propriozeption
Die Kreuzbänder haben neben stabilisierenden Funktionen auch wichtige propriozeptive Aufgaben. Sie sind mit Nervenfasern ausgestattet, die deinem Gehirn ständig Rückmeldung darüber geben, in welcher Position sich dein Knie befindet und wie es sich im Raum bewegt. Dieses kontinuierliche Feedback ist wichtig, um Bewegungen zu steuern und anzupassen, damit es zu keinen Verletzungen kommt.
Wie kommt es zu einem Kreuzbandriss?
Gerade bei sportlichen Aktivitäten sind die Kreuzbänder zum Teil enormen Belastungen ausgesetzt. Sind diese zu hoch, kann es passieren, dass die Kreuzbänder teilweise oder vollständig reißen. Das hintere Kreuzband ist jedoch dicker als das vordere und insgesamt das stärkste aller Bänder im Knie. Daher kommt es viel seltener zu einem Riss des hinteren Kreuzbandes als zu einem vorderen Kreuzbandriss.
Besonders gefährdet von einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes sind junge und sportlich aktive Menschen, die eine Sportart mit häufigen Richtungswechseln, Sprüngen und Geschwindigkeitsveränderungen betreiben. Sehr häufig sind das Fußballer oder Skifahrer. Allerdings kann es auch in eigentlich banalen Alltagssituationen zu einer Kreuzbandverletzung kommen.
Auch wenn es nicht die eine Ursache für einen Kreuzbandriss gibt, gibt es bestimmte Risikofaktoren, die eine VKB-Ruptur begünstigen können. Denn häufig lassen sich Kreuzbandrisse auf ganz bestimmte Bewegungsmuster zurückführen. Dies erklärt auch, warum sich etwa 3 von 4 Betroffenen ohne Fremdeinwirkung verletzen.
Valgusstress
Am häufigsten reißen Kreuzbänder bei gebeugtem Knie und gleichzeitiger Rotation des Unterschenkels nach außen. Dies wird auch als Valgusstress bezeichnet. Zu diesem kommt es zum Beispiel bei abrupten Bremsbewegungen und gleichzeitigen Drehungen, bei Landungen nach einem Sprung oder bei einem Sturz.
Valgusmomente sind Kräfte, die auf das Knie einwirken und es nach innen kollabieren lassen. Eine Studie von Myklebust[1]Myklebust G, Engebretsen L, Braekken IH, Skjølberg A, Olsen OE, Bahr R. Prevention of anterior cruciate ligament injuries in female team handball players: a prospective intervention study over three … Continue reading besagt, dass 80 Prozent der Kreuzbandrisse auf ein solches Valgusmoment beim Landen oder bei einem Richtungswechsel zurückzuführen sind.
Einfach gesagt heißt das: Der Betroffene nimmt eine verstärke X-Bein-Stellung ein.
Varusstress
Das Gegenteil ist der sogenannte Varusstress. Auch dieser kann zu einem gerissenen Kreuzband führen. Dabei ist das Knie gebeugt und der Unterschenkel nach innen rotiert. Die Krafteinwirkung kommt somit eher von der Innenseite. Vereinfacht gesagt nimmt der Betroffene also tendenziell eine O-Bein-Stellung ein. Das kommt zum Beispiel beim Überkreuzen der Ski mit einem anschließenden Sturz vor.
In beiden Fällen können weitere Bandstrukturen im Knie mitverletzt werden. Beim Valgusstress ist in der Regel das Innenband betroffen, beim Varusstress meist das Außenband. Generell sind Begleitverletzungen im Knie wie Meniskusschäden, Außen- und Innenbandrisse oder Kapselverletzungen eher die Regel als die Ausnahme.
Knöcherne Begleitverletzungen kommt hingegen nicht so häufig vor. Es gibt auch isolierte Verletzungen des Kreuzbandes, bei denen keine weiteren Strukturen verletzt sind.
Wieder fit nach Kreuzbandriss
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Typische Symptome bei akuten Kreuzbandrissen
Der Moment, in dem ein Kreuzband reißt, ist für viele Betroffene nicht nur sehr schmerzhaft, sondern oft auch deutlich hörbar. In einigen Fällen nehmen sogar Außenstehende einen Knall wahr. Während die Schmerzen im Knie meist schnell wieder abklingen, zeigt sich nach der Verletzung in der Regel eine deutliche Schwellung. Es kann außerdem sein, dass sich ein blutiger Gelenkerguss bildet.
In vielen Fällen fühlt sich das Knie instabil an. Diese Instabilität ist allerdings erst bei einer Beugung des Knies ab etwa 30° zu beobachten. Es kann daher sein, dass du im Alltag weniger Probleme hast als beim Sport. Hier macht es auch einen Unterschied, wie gut du vor der Verletzung trainiert warst. Gut trainierte Patienten können die Instabilität im Knie leichter durch die umliegende Muskulatur ausgleichen als wenig aktive Patienten.
Häufig zeigen Patienten auch Bewegungseinschränkungen. Sie können das Knie nicht mehr ganz beugen oder komplett strecken. Passiert die Verletzung beim Sport, ist es für die meisten außerdem nicht möglich, weiter Sport zu treiben oder die zuvor ausgeführte Aktivität fortzusetzen.
Bei einem Riss des vorderen Kreuzbandes gibt das Kniegelenk außerdem beim Bergabgehen nach. Denn das Band ist nun nicht mehr da, um das Vorschieben des Oberschenkels über das Schienbein zu verhindern.
Meine Erfahrung
Ohne die entsprechende Diagnostik lässt sich nicht sagen, ob ein Kreuzbandriss vorliegt oder nicht. Die Symptome können von Person zu Person nämlich sehr unterschiedlich sein und ich persönlich habe zum Teil andere Erfahrungen gemacht. Als mein Kreuzband gerissen ist, habe ich einen stechenden Knieschmerz gespürt und auch das Knacken gehört.
Kurz nach der Verletzung hat sich mein Knie komisch angefühlt, aber nicht übermäßig instabil. Bis auf eine minimale Schwellung, die nur wenige Tage dauerte, war nichts sichtbar. Ich konnte nach einer Woche problemlos joggen gehen und Krafttraining machen. Trotzdem habe ich gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt und bin nach einigen Wochen erneut zum Arzt, der dann den Kreuzbandriss festgestellt hat.
Auch wenn sich dein Knie nicht so instabil anfühlt oder du keinen akuten Schmerz hast, kann also trotzdem eine ernsthafte Verletzung dahinterstecken.
Kreuzbandriss erkennen: So wird die Verletzung diagnostiziert
Da die Symptome nicht immer direkt auf ein gerissenes Kreuzband deuten, ist es wichtig, dass du dich von einem Arzt untersuchen lässt. Im Idealfall gehst du direkt zu einem Orthopäden. Aber auch ein guter Hausarzt kann anhand deiner Antworten schnell eine Verdachtsdiagnose stellen.
Zunächst ist die genaue Vorgeschichte wichtig. Dein Arzt wird dich fragen, was passiert ist. Darüber hinaus fragt er nach deinen Beschwerden, seit wann diese bestehen, wann und wie oft sie auftreten, wie sie sich anfühlen und wie stark bzw. wo du beeinträchtigt bist.
Anschließend folgt die körperliche Untersuchung. Dein Arzt schaut sich dein Knie an und untersucht es auf Schwellungen oder Ergüsse.
Für die weiterführende klinische Untersuchung einer Kreuzbandruptur nutzen Ärzte verschiedene manuelle Tests sowie bildgebende Verfahren. Vor allem der Schubladen- und Lachman-Test sind hier das Mittel der Wahl. Darüber hinaus kann ein Arzt auch das Lever Sign oder den Pivot Shift beim vorderen Kreuzband testen.
Diese Untersuchungen sind relativ schnell durchzuführen und können einen wichtigen Hinweis auf ein eventuell verletztes Kreuzband geben. Hast du allerdings sehr starke Schmerzen, kann es sein, dass dein Arzt die manuellen Tests nicht macht und gleich auf die bildgebenden Verfahren setzt.
Immer beide Seiten testen
Ein Arzt sollte immer beide Seiten testen, also auch das Kreuzband im gesunden Knie. Manche Menschen haben von Natur aus laxe Bänder. Es ist daher wichtig, die gesunde Seite als Referenz zu haben.
Vorderer Schubladentest
Beim Schubladentest hält der Patient das verletzte Knie in einer 90°-Stellung gebeugt. Der untersuchende Arzt umfasst dann den Unterschenkel des Patienten mit beiden Händen und legt die Zeigefinger in die Kniekehle. Anschließend zieht er mit einem kräftigen Ruck am Unterschenkel.
Lässt sich der Unterschenkel nun ähnlich wie bei einer Schublade nach vorne schieben, liegt unter Umständen eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes vor.
Dieser Test lässt sich auch für einen hinteren Kreuzbandriss nutzen. In diesem Fall wird der Unterschenkel beim liegenden Patienten Richtung Gesäß gedrückt, um auf eine hintere Schublade zu untersuchen.
Lachman-Test
Der Lachman-Test ist eine andere Variante des Schubladentests. Bei diesem wird das betroffene Knie des liegenden Patienten in einer Beugung von etwa 30° gehalten. Der Untersucher umfasst mit einer Hand den Oberschenkel, mit der anderen den Unterschenkel von unten.
Nun wird der Unterschenkel kräftig nach ventral (d.h. nach vorne bzw. Richtung Decke) gezogen. Auch hier wird die Verschiebbarkeit des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel, also eine vordere Schublade, untersucht.
Der Lachman-Test ist positiv, wenn kein harter Anschlag zu spüren ist. Das Kreuzband ist dann sehr wahrscheinlich gerissen.
Bei einem harten Anschlag ist der Lachman-Test negativ. Ein vorderer Kreuzbandriss ist dann eher unwahrscheinlich.
Pivot Shift
Neben Schubladen- und Lachman-Test wird auch der Pivot Shift sehr häufig untersucht. Der Pivot Shift beschreibt das Phänomen, bei dem sich die Tibia (Schienbein) ungewollt und abnormal gegenüber dem Femur (Oberschenkel) verschiebt oder dreht. Wenn das vordere Kreuzband beschädigt oder gerissen ist, ist das Pivotieren oder Subluxieren des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel typisch. Dies soll mit dem Test reproduziert werden.
Dafür legt sich der Patient in Rückenlage. Der Untersucher beugt das gestreckte Knie zügig unter Valgusdruck, leichter Innenrotation und axialem Druck (d.h. Druck vom Fuß aus in Richtung Knie).
Was heißt Valgusdruck?
Valgusdruck bedeutet, dass der Untersucher mit der Hand Druck von der Außenseite des Knies gibt und dieses damit in eine verstärkte X-Bein-Stellung drückt.
Kommt es beim etwa 30° gebeugten Knie zu einer schmerzhaften Subluxation, ist der Test positiv. Das ist ein Hinweis auf einen Riss des vorderen Kreuzbandes.
Lever Sign
Ein weiterer Test zur Prüfung eines vorderen Kreuzbandrisses ist der Lever Sign Test, auch als Lelli-Test bekannt.
Der Patient liegt flach auf dem Rücken, und das betroffene Bein ist entspannt. Der Untersucher legt eine Faust unter die Wade des Patienten. Mit der anderen Hand drückt der Untersucher dann den Oberschenkel direkt oberhalb der Kniescheibe nach unten.
Wenn das vordere Kreuzband intakt ist, sollte sich die Ferse anheben, da das Knie durch das Drücken nach unten eine Hebelwirkung erzeugt. (B)
Bleibt die Ferse bei gebeugtem Knie und Druck auf der Unterlage liegen oder hebt sich nur minimal, deutet dies auf eine mögliche Verletzung des vorderen Kreuzbandes hin. (A)
MRT
Kennt der Arzt die genaue Vorgeschichte, nutzt er zur Absicherung seiner Verdachtsdiagnose zusätzlich bildgebende Verfahren. Ein Röntgenbild kann nur feststellen, ob Knochen mit betroffen sind. Deshalb ist das MRT hier das Mittel der Wahl. Dieses kann zeigen, ob und welche Bänder verletzt wurden und ob es eventuelle Begleitverletzungen gibt.
Auf dem MRT siehst du einen isolierten Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Kniegelenk. Das weiße, milchig aussehende Stück ist das gerissene Band. Ein gesundes Kreuzband zieht sich wie eine schwarze Linie durch und lässt sich somit meist gut von den anderen Strukturen im Knie abgrenzen.
Black is beautiful
Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist eines der bekanntesten bildgebenden Verfahren. Sie verwendet starke Magnetfelder und Radiowellen, um die Wasserstoffatome im Körper zu resonieren. Diese Resonanz erzeugt Signale, die vom MRT erfasst und zu detaillierten Bildern verarbeitet werden, welche die Verteilung und Dichte von Wasser in den verschiedenen Geweben anzeigen.
Für MRT-Aufnahmen bedeutet das, dass gesunde, wasserarme Strukturen wie Sehnen und Bänder auf den Bildern dunkel (schwarz) dargestellt werden. Entzündete oder verletzte Strukturen erscheinen hingegen heller (in verschiedenen Grau- oder Weißtönen).
Selbst als Laie kannst du somit grob erkennen, ob Strukturen verletzt sind oder nicht. Merke dir einfach: Schwarze Strukturen sind gut, weiße Bereiche eher nicht.
Wie wird ein Kreuzbandriss behandelt?
Die Art der Kreuzbandriss-Behandlung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich gibt es die konservative Therapie und die operative Behandlung. Bei der operativen Therapie wird zudem zwischen Kreuzbandersatz und Kreuzbanderhalt unterschieden.
Arten von Rupturen
Ein wichtiger Entscheidungsfaktor für die weitere Behandlung eines vorderen Kreuzbandrisses ist die Art der Ruptur. Dabei geht es zum einen um den Schweregrad der Verletzung, also Überdehnung, Teilriss oder vollständiger Riss. Zum anderen spielt auch die Lokalisation der Ruptur eine Rolle – also wo genau das Kreuzband gerissen ist.
Bei einem Teilriss ist die konservative Behandlung in der Regel die erste Option. Bei proximalen Rissen (d.h. nahe am Oberschenkelknochen) zeigen kreuzbanderhaltende Techniken eine gute Prognose. Hast du hingegen eine komplexe Verletzung wie z.B. ein Unhappy Triad oder einen distalen Riss, kommst du in der Regel nicht um eine Kreuzbandplastik herum.
Knöcherner Ausriss des Kreuzbandes
Vor allem bei Kindern und Jugendlichen kann das vordere Kreuzband auch aus seiner Verankerung im Knochen reißen. Besonders die tibiale Verankerung (d.h. am Schienbein) ist für einen knöchernen Ausriss gefährdet. Sofern das Kreuzband selbst nicht gerissen ist, ist eine Reinsertion möglich. Hierbei wird das Knochenfragment samt Band wieder an der Tibia fixiert.
Konservative Therapie
Wie bereits erwähnt, erfordert nicht jedes gerissene Kreuzband eine Operation. Im Allgemeinen spielen hier neben der Art der Ruptur auch Alter und Lebensumstände eine Rolle.
Gerade bei älteren und wenig aktiven Patienten, kann es ausreichen, den Kreuzbandriss konservativ zu behandeln. Eine konservative Therapie ist aber auch dann meist nur bei isolierten Verletzungen des Kreuzbandes möglich. Das heißt, wenn keine weiteren Strukturen im Knie verletzt sind.
Die konservative Behandlung ist außerdem interessant, wenn mindestens 75 Prozent des Kreuzbandes noch intakt sind, da in diesem Fall eine Selbstheilung möglich ist.
Der Fokus der konservativen Therapie liegt auf der Wiederherstellung der funktionellen Stabilität. Die umliegende Muskulatur soll dabei die verlorene Bandfunktion im Knie kompensieren.
Bevor es an aktive Übungen geht, kann zunächst eine Ruhigstellung des Knies notwendig sein. Diese kann mehrere Wochen dauern. Anschließend folgt die physiotherapeutische Behandlung mit einem konsequenten Training von Kraft und Koordination. So lässt sich das Kniegelenk weitgehend stabilisieren, wobei die Muskeln quasi als Schutz für das Gelenk dienen.
Der kurzfristige Einsatz von medizinischen Hilfsmitteln wie Gehstützen oder Orthesen ist bei der konservativen Therapie möglich und teilweise auch sinnvoll. Denn dadurch kann das Kreuzband entlastet und für die Selbstheilung geschont werden.
Hinteres Kreuzband eher konservativ behandeln
Da das hintere Kreuzband ein gutes Heilungspotenzial aufweist und die OP deutlich komplexer ist, wird bei einem hinteren Kreuzbandriss eher die konservative Therapie bevorzugt.
Operative Therapie
Viele Betroffene kommen um eine Operation nicht vorbei. Ziel ist es, die mechanische Stabilität des betroffenen Kniegelenks wiederherzustellen.
Im Gegensatz zur konservativen Behandlung bringt eine Kreuzband-OP tendenziell das bessere Langzeitergebnis. Deshalb ist die OP gerade bei jungen und sportlich aktiven Patienten die erste Option. Denn sie brauchen ein stabiles Kniegelenk, um weiterhin sportlich aktiv sein zu können und um das Risiko für sekundäre Verletzungen zu minimieren.
Meine Erfahrung
Ich selbst würde mich trotz einiger Rückschläge nach der OP wieder operieren lassen, da eine trainierte Muskulatur ein kaputtes Kreuzband (vor allem bei Frauen) einfach nicht im gleichen Maße ersetzen kann wie eine Kreuzbandplastik. Obwohl ich gut trainiert war, gab es bestimmte Situationen (z.B. schnelle Richtungswechsel), bei denen ich gemerkt habe, dass mein Knie der Belastung nicht standhält.
Falls du ein Coper bist, kann die konservative Behandlung aber ausreichend sein, um dein Knie stabil genug für den Return zu Competition zu bekommen.
Entscheidest du dich für eine Operation, solltest du dir einen erfahrenen Orthopäden suchen, der dein Knie operiert. Am besten gehst du dafür in eine spezialisierte Klinik, in der dieser Eingriff täglich durchgeführt wird. Denn ein Arzt, der regelmäßig Kreuzbänder operiert und dadurch die entsprechende Erfahrung hat, kann den Erfolg deiner Therapie enorm beeinflussen.
Bei einem Chirurgen, der nur ein bis zwei Kreuzbänder im Jahr operiert, kommt es häufiger zu Komplikationen oder erneuten Verletzungen. Das soll nicht heißen, dass dieser Arzt grundsätzlich schlecht ist. Eine Kreuzband-OP ist allerdings ein schwieriger Eingriff, dessen Erfolg maßgeblich von der Erfahrung des Operateurs abhängt.
Was passiert bei der OP?
Wie die Kreuzband-OP genau abläuft, hängt davon ab, was gemacht wird. Die OP-Methoden können sich hier deutlich unterscheiden. Ebenso spielt es eine Rolle, wo du dich operieren lässt. Je nach Klinik werden verschiedene Fixationsmethoden oder Techniken genutzt.
Grundsätzlich gleich ist aber: Bei der Kreuzbandrekonstruktion entnimmt der Chirurg eine körpereigene Sehne und setzt sie anstelle des gerissenen Kreuzbandes ein. Kreuzbanderhaltende Methoden setzen hingegen darauf, das originäre Kreuzband zu erhalten und zu nähen oder zu fixieren.
Je nach OP-Methode erfolgt eine Kreuzband-OP ambulant oder stationär. Die Operation kann in Voll- oder Teilnarkose erfolgen. Für gewöhnlich wird aber eine Vollnarkose gewählt, da es bei einer Kreuzbandoperation durchaus etwas rabiater zugehen kann.
Abhängig von der Schwere der Verletzung und der eingesetzten Operationstechnik dauert der Eingriff zwischen 1-2 Stunden, bei komplizierten Fällen auch länger.
Autofahren nach der Kreuzband-OP
Auch für mich war die Frage, ob ich nach meiner Kreuzband-OP Auto fahren kann, sehr wichtig. Schließlich bedeutet es mehr Mobilität und Freiheit, wenn du zum Beispiel selbst zur Physiotherapie fahren kannst.
Bei einer Operation am rechten Bein darfst du während der Teilbelastung nicht Auto fahren. Hast du ein Automatikfahrzeug und ist die Operation am linken Bein spricht aber nichts gegen das Autofahren nach einer Kreuzband-OP. Das gilt allerdings nicht für den Tag der OP. Wenn du bei einem ambulanten Eingriff direkt nach Hause gehst, musst du dich abholen lassen, da du nach einer Narkose nicht Auto fahren darfst.
Generell solltest du erst wieder hinters Steuer, wenn du dich sicher genug fühlst und du dein operiertes Bein ohne Probleme voll belasten kannst. Sollte es zu einem Unfall kommen, zahlt die Versicherung nämlich nicht, da du fahrlässig gehandelt hast.
Wann wird ein Kreuzbandriss operiert?
Die Operation findet erst einige Wochen nach der eigentlichen Verletzung statt. Das liegt zum einen daran, dass man als Normalbürger nur selten den direkten Zugang zu einem Kniespezialisten hat und mit entsprechenden Wartezeiten rechnen muss. Zum anderen warten die meisten Ärzte mit einer Operation, bis das verletzte Knie reizlos und frei beweglich ist.
Bis dahin kann die Funktion des betroffenen Knies deutlich eingeschränkt sein. Hast du hingegen nur wenige Beschwerden, solltest du die Zeit vor der Kreuzband-OP unbedingt nutzen. So hast du eine bessere Ausgangslage nach dem Eingriff.
Bei Leistungssportlern wird die operative Behandlung oft schon im akuten Stadium, also wenige Tage nach der Verletzung, durchgeführt. So können Betroffene schneller wieder ins Training zurückkehren.
Wie lange fällt man nach einer Kreuzband-OP aus?
Eine Operation des Kreuzbandes ist immer ein schwerer Eingriff, von dem du dich erholen musst. Die Nachbehandlung unterscheidet sich je nach Arzt bzw. Klinik.
Arbeitest du in einem Büro, kannst du meist nach 6 Wochen wieder mit dem Arbeiten anfangen. Bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten oder einem Job, in dem du viel stehen musst, solltest du mit mindestens drei Monaten rechnen.
Auch sportlich musst du einige Zeit zurückstecken. Mit schonenden Sportarten kannst du zwischen 4 und 6 Monaten nach der Kreuzband-OP wieder beginnen. Bis du wieder in belastende Sportarten (z.B. Skifahren, Fußball) einsteigen kannst , musst du eher 9 bis 12 Monate warten.
Physiotherapeutische Behandlung nach der OP
In der ersten Woche nach der Kreuzband-OP solltest du dich erstmal schonen. Ab der zweiten Woche geht normalerweise die physiotherapeutische Behandlung mit Lymphdrainage und Krankengymnastik los. Die Lymphdrainage hilft gegen starke Schwellungen im betroffenen Knie. Bei der Krankengymnastik machst du erste Übungen um die Muskelatrophie (d.h. den Muskelabbau) zu verringern.
Die meisten Ärzte geben dir Rezepte für 6 Monate Therapie. Du musst hier aber zwischen Reha und Training unterscheiden. Denn deine Physiotherapie ist kein Training im eigentlichen Sinne, sondern soll dir helfen, möglichst bald auf ein „alltagstaugliches“ Niveau zurückzukehren. Das heißt, du musst auch selbst zuhause oder im Fitnessstudio etwas machen.
So sieht die Reha nach Kreuzbandriss aus
Unabhängig davon, ob du dich zu einer operativen Behandlung entschließt oder deine vordere Kreuzbandruptur konservativ behandeln willst, ist die Kreuzband-Reha ein essenzieller Bestandteil, um wieder fit nach dem Kreuzbandriss zu werden.
Wie die Rehabilitation genau abläuft und wie lange sie dauert, hängt von verschiedenen individuellen Faktoren ab. Dazu gehören unter anderem:
- deine körperlichen Voraussetzungen (z.B. Trainingszustand vor der Verletzung)
- die Ziele deiner Reha (z.B. Rückkehr zum alten Leistungsniveau)
- das Ausmaß der Verletzung
Frühfunktionelle Reha zur Behandlung des gerissenen Kreuzbandes
Die frühfunktionelle Rehabilitation ist eine anerkannte und angemessene Behandlung nach einer Verletzung des vorderen oder hinteren Kreuzbandes. Die Idee dahinter ist es, das betroffene Kniegelenk so schnell wie möglich und dennoch behutsam an die normale Funktion heranzuführen.
Die frühzeitige, funktionelle Mobilisierung und Belastung soll einerseits den Heilungsprozess unterstützen, andererseits den möglichen Folgen einer Immobilisierung entgegenwirken.
Generell sollte die Reha nach Kreuzbandriss nicht nur aus Kraftaufbau bestehen. Daneben spielen auch Beweglichkeit, Ausdauer, Agilität und Koordination (Propriozeption) eine große Rolle. Denn bei operativer und konservativer Behandlung gilt gleichermaßen: Ziel ist es, möglichst die volle Funktionsfähigkeit des Kniegelenks wiederherzustellen und eine erneute Kreuzbandruptur zu vermeiden.
Manchmal gibt es auch externe Faktoren, auf die man keinen Einfluss hat. Das können zum Beispiel Komplikationen nach der Kreuzband-OP sein. Unter Umständen dauert die Kreuzband-Reha dann etwas länger.
Ob und wann du wieder zum Sport zurückkehren kannst, hängt nicht nur von der OP und physiotherapeutischen Behandlung, sondern zum großen Teil auch von deiner eigenen Motivation ab. Wenn du regelmäßig deine Übungen machst, ohne dein Knie dabei zu überlasten, kommst du schneller wieder zurück als jemand, der seine Zeit lieber auf dem Sofa verbringt.
Wieder fit nach Kreuzbandriss
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Warum können Profifußballer teilweise schon nach einem halben Jahr wieder auf den Platz?
Im Gegensatz zu dir handelt es sich bei Profifußballern um Leistungssportler. Sie werden in der Regel nicht nur von absoluten Koryphäen operiert, sondern während der kompletten Reha intensiv betreut. Während du also nur zweimal in der Woche zur Physiotherapie gehst, wird ein Profisportler jeden Tag behandelt und der Behandlungsplan auf seinen individuellen Heilungsverlauf angepasst.
Bei Fußballprofis spielt außerdem auch das Geld eine große Rolle. Ein Fußballer, der aufgrund eines vorderen Kreuzbandrisses nicht spielen kann, bringt einem Club nichts. Deshalb sind Vereine daran interessiert, einen Profi schnell wieder fit zu bekommen.
Die biologischen Faktoren einer Heilung lassen sich dadurch aber nicht beziehungsweise nur bedingt beschleunigen. Dein Körper braucht Zeit, um eine Kreuzbandplastik einheilen zu lassen. Deshalb ist die schnelle Rückkehr nach einer Kreuzband-OP immer mit einem gewissen Risiko verbunden.
Bei einem idealen Heilungsverlauf spricht nichts dagegen, früher wieder in den Sport einzusteigen. Allerdings solltest du immer mit deinem behandelnden Arzt oder Therapeuten Rücksprache halten und dich nicht an einem Leistungssportler orientieren.
Es ist manchmal schwer zu akzeptieren, wie lange es dauert und wie viel Aufwand nötig ist, bis die frühere Leistungsfähigkeit (zumindest annähernd) zurückkehrt. Neben konsequentem Training ist deshalb Geduld eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg deiner Rehabilitation.
Mit Prävention eine erneute Kreuzbandruptur vorbeugen
Inoffizielle Zahlen gehen davon aus, dass sich gut ein Viertel erneut das Kreuzband reißt.
Dabei liegt die Wahrscheinlichkeit höher, dass die nächste vordere Kreuzbandruptur im kontralateralen Knie (d.h. auf der anderen Seite) und nicht im bereits operierten Knie passiert. Operation und Reha können deshalb nicht die Ursache sein, vielmehr liegt es dann am fehlenden Training.
Zu diesen Risikofaktoren gehören:
- Geschlecht und Menstruationszyklus (Frauen sind häufiger von einer VKB-Ruptur betroffen als Männer)
- Fehlstellungen der Beine (z.B. X-Beine)
- Muskuläre Dysbalancen
- Fußfehlstellungen wie Senk-, Spreiz- oder Plattfüße
- Verspannte und schwache Oberschenkelmuskeln
- Geringe Rumpfstabilität
- Verringerte koordinative Fähigkeiten
- Schlechte Propriozeption
Auch nach Abschluss der Behandlung solltest du deshalb regelmäßig etwas für deine Kniegesundheit tun. Ein propriozeptives Training spielt dabei eine wichtige Rolle. Denn leider ist auch ein sehr gut operiertes Knie kein gesundes Knie mehr und die Ansteuerung nicht mehr genauso wie vorher möglich, da die erforderlichen Mechanorezeptoren des ursprünglichen Kreuzbandes fehlen.
Mit propriozeptivem Training kannst du die umliegenden Muskeln aber soweit trainieren, dass sie die Funktion der Kreuzband-Rezeptoren sehr gut kompensieren können.
Propriozeption ist quasi der sechste Sinn und hilft unserem Gehirn, die Lage des eigenen Körpers im Raum wahrzunehmen. Was heißt das konkret?
Stell dir vor, du stehst barfuß im Sand. Mit beiden Beinen wirst du noch relativ stabil stehen. Sobald du nur noch auf einem Bein stehst, wird es aber wacklig und du merkst, wie deine Muskeln arbeiten müssen, um das Gleichgewicht zu halten. Ohne diese Tiefensensibilität würdest du einfach umfallen beziehungsweise könntest nicht auf einem Bein im Sand stehen.
Bei einem Kreuzbandriss ist diese propriozeptive Wahrnehmung gestört und du musst sie muskulär wieder trainieren. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass deine Tiefensensibilität im operierten Knie nicht mehr so gut sein wird wie im gesunden Knie. Das liegt daran, dass eine Kreuzbandplastik keine Rezeptoren hat, um die Propriozeption zu steuern.
Du kannst sie muskulär durch andere Rezeptoren aber bis zu einem gewissen Grad ausgleichen und dich damit vor zukünftigen Verletzungen schützen.
Studien haben nämlich bereits gezeigt, dass sich die Wahrscheinlichkeit eine Kreuzbandruptur durch ein präventives Training um bis 50 % reduzieren lässt. Natürlich ist das keine Garantie, aber du kannst dein Risiko, einen weiteren vorderen Kreuzbandriss zu erleiden, damit deutlich minimieren.
Wieder fit nach Kreuzbandriss
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Quellen und weiterführende Links[+]
↑1 | Myklebust G, Engebretsen L, Braekken IH, Skjølberg A, Olsen OE, Bahr R. Prevention of anterior cruciate ligament injuries in female team handball players: a prospective intervention study over three seasons. Clin J Sport Med. 2003 Mar;13(2):71-8. doi: 10.1097/00042752-200303000-00002. PMID: 12629423. |
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