Wenn das Ergebnis der ersten Kreuzband-OP nicht zufriedenstellend ist, kann eine Kreuzbandrevision erforderlich werden. Die Ursachen dafür sind vielfältig und nicht immer direkt beeinflussbar.
Inhalt
Kreuzbandersatz oder Kreuzbanderhalt?
Für die operative Therapie eines Kreuzbandrisses gibt es zwei Möglichkeiten:
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- Kreuzbandersatz (Kreuzbandrekonstruktion)
- Kreuzbanderhalt (Kreuzbandnaht, Kreuzbandrefixation, DIS)
Bei der Kreuzbandrekonstruktion ersetzt der Operateur das verletzte Kreuzband durch eine körpereigene Sehne. Diese bildet das neue Kreuzband, das alte Kreuzband wird indessen entfernt.
In den Monaten nach der Operation baut sich die Sehne zum neuen Kreuzband um und gewährleistet im Idealfall die mechanische Stabilität, die durch die Kreuzbandruptur verlorengegangen ist.
Kreuzbanderhaltende Techniken zielen hingegen darauf ab, das gerissene Kreuzband wieder zusammenzunähen oder durch eine Schiene so zu stabilisieren, dass es von selbst heilen kann.
Ein Kreuzbanderhalt kommt in erster Linie für Patienten mit einer proximalen Ruptur infrage. Das heißt, das Kreuzband ist nahe am Oberschenkel gerissen.
Wann gilt eine Kreuzband-OP als fehlgeschlagen?
In beiden Fällen kann es vorkommen, dass das Ergebnis langfristig nicht zufriedenstellend ist. Die Operation nach einem Kreuzbandriss gilt als fehlgeschlagen, wenn auch Monate nach dem Eingriff folgende Probleme bestehen:
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- Erneute Instabilität (z.B. durch Elongation oder erneute Ruptur)
- Bewegungseinschränkungen oder Blockaden im Kniegelenk
- Schmerzen
- Beinachsenfehlstellungen
- Keine Rückkehr zum Sport möglich (auf das Niveau vor der Verletzung)
- Wiederholende Episoden eines Giving-way
- Zunehmende Laxheit der Kreuzbandplastik (positiver Lachman-Test oder Pivot Shift)
Mögliche Ursachen für die erneute Instabilität nach Kreuzband-OP
Insbesondere nach einer Rekonstruktion kann es vielfältige Ursachen für eine Kreuzbandrevision geben. Hier gilt es herauszufinden, warum die erste Operation versagt hat.
Insgesamt gibt es fünf mögliche Ursachen, warum die Kreuzband-OP nicht erfolgreich war und die eine Kreuzbandrevision notwendig machen. Das sind:
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- Technische Fehler
- Traumatisches Ereignis
- Biologische Ursachen
- Keine optimale Kreuzband-Reha
- Vergessene Begleitverletzungen
Versagt das Transplantat innerhalb der ersten 12 Monate, ist ein technischer Fehler bei der OP oder eine biologische Ursache wahrscheinlich. Nach mehr als 12 Monaten führt hingegen meist ein traumatisches Ereignis dazu, dass die Kreuzbandplastik reißt.[1]Haybäck, G., Raas, C. & Rosenberger, R. Failure rates of common grafts used in ACL reconstructions: a systematic review of studies published in the last decade. Arch Orthop Trauma … Continue reading
Technische Fehler
Häufigste Ursache für eine VKB-Insuffizienz ist ein technischer Fehler bei der ersten Operation. Darunter fallen beispielsweise:
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- Falsche Platzierung der Bohrkanäle
- Unzureichende Fixation
- Wahl des Transplantats (gilt vor allem bei Allograft oder Kunstband)
Falsche Platzierung der Bohrkanäle
Eine Fehllage der Bohrkanäle wird häufig für das Versagen der Kreuzbandplastik verantwortlich gemacht. In vielen Fällen liegen die Bohrkanäle im Oberschenkel zu steil sowie zu weit anterior (vorne) und im Unterschenkel zu weit posterior (hinten).
Es ist aber zu beobachten, dass zahlreiche Kniegelenke trotz einer Fehlplatzierung der Bohrkanäle stabil und Patienten völlig beschwerdefrei sind.
Demnach ist davon auszugehen, dass mehrere Faktoren zusammenspielen, wenn es zu einer VKB-Insuffizienz kommt, und nicht nur die Platzierung der Bohrkanäle ausschließliche Ursache ist.
Unzureichende Fixation
Bei nicht ausreichender Fixation lockert sich das Transplantat und rutscht nach intraartikulär (in die Gelenkhöhle hinein). In der Folge kommt es zu einer Insuffizienz des VKB-Transplantates.
Eine falsche Fixation kann darüber hinaus zu einer mechanischen Transplantatschädigung führen. Je mehr sich das Band abnutzt, weil zum Beispiel eine Fixationsschraube im Weg ist, desto dünner und instabiler wird es.
Du kannst dir das wie einen Faden vorstellen, der ständig über eine scharfe Kante reibt. Irgendwann gibt dieser nach.
Wahl des Transplantats
Auch die Wahl des Transplantats kann zu einer VKB-Insuffizienz führen und eine Kreuzbandrevision notwendig machen. Die gilt insbesondere für Allografts und Kunststoffbänder.
Bei einem Allograft kann es zu einer Abstoßungsreaktion kommen, da die Spendersehne kein biologisches Match ist. Kunststoffbänder versprechen generell keine sehr hohe Erfolgsquote und werden deshalb nur in Einzelfällen genutzt.
Traumatisches Ereignis
Durch einen erneuten Unfall beim Sport oder im Alltag kann es zu einer Re-ruptur kommen, die eine Kreuzbandrevision notwendig macht.
Meist ist eine zu frühe Rückkehr zum Sport ursächlich. Das heißt, das operierte Bein ist einfach noch nicht bereit für die Belastungen, weil die Muskulatur oder die neuromuskuläre Ansteuerung noch nicht gut genug trainiert ist.
Es kann aber auch einfach Pech sein, dass eine Kreuzbandplastik reißt. Etwa, wenn ein Gegenspieler dich foult.
Biologische Ursachen
Werden biologische Gründe als Ursache der VKB-Insuffizienz ausgemacht, kann das für Patienten sehr frustrierend sein. Schließlich kann man nicht wirklich beeinflussen, wie der Körper auf die Kreuzbandriss Operation reagiert.
Ursächlich für das Fehlschlagen ist vor allem, weil die Kreuzbandplastik nicht richtig einwächst oder weil die Sehne nicht richtig umgebaut wird bei der Ligamentisierung.
Diese ist notwendig, um die mechanischen Eigenschaften des Kreuzbandes wiederherzustellen. Denn die Sehnen für die Kreuzbandplastik unterscheiden sich histologisch und biomechanisch vom originären Kreuzband.
Kommt es nun zu Problemen bei der Remodellierung der transplantierten Sehne, führt das zu einem atonischen und nicht lebensfähigen Transplantat. Dieses kann die Aufgaben des gerissenen Kreuzbandes dann nicht adäquat übernehmen.
Keine optimale Kreuzband-Reha
Auch die Nachbehandlung hat einen großen Einfluss für den Ausgang einer Kreuzbandverletzung. Mit der Reha schließt du nämlich die Lücke zwischen mechanischer und funktionaler Stabilität nach der Kreuzband-OP.
Setzt du während der Reha allerdings die falschen Trainingsschwerpunkt, kannst du damit die Einheilung und Stabilität der Kreuzbandplastik gefährden.
So sorgt beispielsweise ein exzessives Training der Quadrizepsmuskeln im offenen System zu einer wiederkehrenden Spannungssteigerung in der Kreuzbandplastik. Dadurch kann sich einerseits die Fixation des Transplantats lockern, andererseits kann es zur Elongation des neuen Kreuzbandes kommen.
Und auch, wenn du bei der Reha nach Kreuzbandriss zu wenig machst, ist dein Kniegelenk funktional nicht stabil. Dadurch erhöht sich wiederum das Risiko, dass es durch einen erneuten Unfall zu einer Re-ruptur kommt.
Vergessene Begleitverletzungen
Nicht behandelte Begleitverletzungen können auch die Ursache für eine Kreuzbandrevision sein.
Sie sind Untersuchungen sogar die zweithäufigste Ursache für eine VKB-Insuffizienz. Besonders eine Verletzung am Meniskus, der einen zusätzlichen Stabilisator im Kniegelenk darstellt, ist problematisch für den Erfolg nach der Kreuzband-OP.
Aus diesem Grund muss vor der Kreuzbandrevision immer auch untersucht werden, ob es vergessene Begleitverletzungen gibt.
Wie sieht eine Kreuzbandrevision aus?
Eine Kreuzbandrevision ist ein weiterer operativer Eingriff. Was genau gemacht wird, hängt jedoch von der genauen Diagnose ab.
Es ist deshalb unbedingt notwendig, dass genau analysiert wird, was die Ursache für die VKB-Insuffizienz ist. Nur so kann die richtige Therapie durchgeführt werden.
Erneuter Kreuzbandersatz (mit Bohrkanalauffüllung)
Ist die Kreuzbandplastik gerissen oder so elongiert, dass sie keine Stabilität mehr bietet, muss das Kreuzband erneut ersetzt werden.
Hier kann es sein, dass die Bohrkanäle der ersten OP aufgrund der Knochendefekte zunächst aufgefüllt werden müssen. Das bedeutet im Umkehrschluss zwei Operationen für dich.
Beim ersten Eingriff werden die Bohrkanäle mit Spongiosa aus dem Becken gefüllt und die Reste der gerissenen Kreuzbandplastik sowie eventuell vorhandene Fremdmaterialien entfernt.
In einer zweiten Operation (etwa 3-4 Monate später) setzt der Operateur dann die neue Kreuzbandplastik ein.
Anterolaterale Stabilisierung
Manchmal ist eine Mitursache für das Versagen der Kreuzbandplastik eine sogenannte Drehinstabilität. Bei dieser lässt sich das Schienbein zu weit nach innen drehen, wodurch zu viel Zug auf die Kreuzbandplastik kommt.
Auch in diesem Fall muss das vordere Kreuzband ersetzt werden. Zusätzlich wird eine äußere Stabilisierung durchgeführt. Welche Technik hier zum Einsatz kommt, hängt vom behandelnden Arzt ab.
Kreuzbandrevision bei Bewegungseinschränkung
Ist die Bewegung auch Monate nach der OP noch eingeschränkt, können Vernarbungen die Ursache sein.
In diesen Fällen werden in der Regel nur die Vernarbungen bei einem Revisionseingriff entfernt. Die Kreuzbandplastik muss also nicht ersetzt werden.
Korrekturosteotomie
Besonders Valgus-Fehlstellungen (X-Beine) begünstigen ein Versagen der Kreuzbandplastik. Um diese Fehlstellungen zu korrigieren, ist gegebenenfalls eine Korrekturosteotomie erforderlich. Zum Teil ist danach kein erneuter Kreuzbandersatz mehr notwendig.
Instabilität durch Muskelschwäche
Im Idealfall ist die Ursache für die Instabilität nach der Kreuzband-OP nur eine zu schwach ausgeprägte Oberschenkel- oder Hüftmuskulatur. In diesem Fall brauchst du keine weitere Operation.
Hier sind Physiotherapie und ein gezieltes Krafttraining ausreichend, um die Instabilität zu beheben.
Kreuzbandrevision kann bei Instabilität nach Kreuzband-OP sinnvoll sein
Ist das Ergebnis der ersten Kreuzband-OP nicht zufriedenstellend, ist eine Kreuzbandrevision oft der einzige Ausweg.
Bevor du dich aber direkt unters Messer legst, solltest du zunächst die Ursachen für die erneute VKB-Insuffizienz mit deinem Arzt herausfinden. In manchen Fällen ist vielleicht keine Operation notwendig, sondern eine konservative Behandlung ausreichend.
Andererseits kann eine Kreuzbandrevision auch die richtige Entscheidung sein, damit du endlich wieder fit nach deinem Kreuzbandriss wirst. Bei mir selbst war der zweite Eingriff zum Beispiel richtig, da Vernarbungen meine Beugung eingeschränkt hatten.
Sprich aber einfach mit deinem Arzt, um die richtige Lösung für dich zu finden.
Quellen und weiterführende Links[+]
↑1 | Haybäck, G., Raas, C. & Rosenberger, R. Failure rates of common grafts used in ACL reconstructions: a systematic review of studies published in the last decade. Arch Orthop Trauma Surg (2021). |
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