Kreuzbandriss ist nicht gleich Kreuzbandriss. Denn jede Knieverletzung kann nach der Schwere der Verletzung oder nach der Lokalisation des Risses in verschiedene Arten von Kreuzbandrupturen unterteilt werden. Beide Aspekte sind wichtig. Denn je nach Rupturtyp ergeben sich auch andere Behandlungsmöglichkeiten.
Inhalt
Unterscheidung nach Schweregrad der Verletzung
Kreuzbandrisse werden in der Regel in drei Schweregrade eingeteilt:
- Grad I: Das Kreuzband ist leicht gedehnt oder angerissen, aber noch funktionsfähig.
- Grad II: Das Kreuzband ist teilweise gerissen. Dadurch kann die Stabilität des Knies beeinträchtigt sein. Grad II-Verletzungen sind eher selten. Meist ist das Kreuzband gleich komplett gerissen.
- Grad III: Das Kreuzband ist komplett gerissen, was eine signifikante Instabilität des Knies bedeutet.
Bei einer Kreuzbandverletzung kann aber nicht nur das Band reißen. Auch ein knöcherner Abriss des Kreuzbandes ist möglich. Hier ist das Kreuzband selbst nicht gerissen, sondern die knöcherne Verankerung an der Tibia hat sich gelöst. Diese Art der Verletzung tritt eher bei Jugendlichen auf und ist ebenso behandlungsbedürftig. Unter Umständen kann es sonst zu einer anhaltenden Instabilität im Knie kommen.
Wie werden diese Arten von Kreuzbandrupturen behandelt?
Die Behandlung von Verletzungen mit Grad I unterscheiden sich zu denen mit Grad III. Generell gilt: Je schwerer die Verletzung ist, desto eher ist eine Operation notwendig.
Grad I
Bei einer Kreuzbandverletzung mit Grad I ist eine konservative Behandlung das Mittel der Wahl. Wenn das Kreuzband nur gedehnt oder leicht angerissen ist, ist es immer noch funktionsfähig. Hier gilt vor allem die PECH-Regel. Das heißt, du solltest dich schonen, dein Bein hochlegen und das Knie kühlen. Auch Kompression kann gegen eine eventuelle Schwellung helfen.
Zusätzlich ist Physiotherapie sinnvoll. Bei dieser geht es in erster Linie darum, die Stabilität in deinem Knie wiederherzustellen und Muskulatur aufzubauen, um dein Kreuzband vor weiteren Verletzungen zu schützen.
Bis du wieder problemlos Sport treiben kannst, können auch bei einem Grad I einige Wochen vergehen. Diese Zeit solltest du aber unbedingt abwarten, da sonst die Gefahr groß ist, dass das lädierte Kreuzband komplett reißt – und das gilt es so gut wie möglich zu vermeiden. Denn selbst ein etwas angeknackstes vorderes Kreuzband ist immer noch besser als ein vollständig gerissenes Band.
Grad II
Hier ist sowohl eine konservative als auch operative Therapie möglich. Welche Behandlung gewählt wird, hängt von zwei Faktoren ab: der Stabilität des Knies und dem Aktivitätsniveau des Patienten.
Bist du jung und aktiv, ist eine Kreuzband-OP wahrscheinlich die bessere Wahl. Je nach Verletzung ist nicht zwingend ein Kreuzbandersatz notwendig. Unter Umständen kann auch eine Teilresektion eine Option sein. Hier werden nur die gerissenen Anteile entfernt, der nicht gerissene Teil bleibt erhalten. Der Vorteil: Das originäre Kreuzband ist zumindest teilweise noch vorhanden und verfügt über die wichtigen Rezeptoren, die eine Kreuzbandplastik nicht hat.
Ist dein Knie trotz Verletzung relativ stabil, kannst du es zunächst auch mit einer konservativen Therapie versuchen. Da das Kreuzband noch teilweise erhalten ist, ist auch die Funktion des Bandes noch da. Eine entsprechende Physiotherapie und gezieltes Training können bei motivierten Patienten also bereits ausreichen. Und auch für Patienten, die nur wenig aktiv sind, ist die konservative Therapie bei einer Grad II-Verletzung eine realistische Möglichkeit.
Grad III
Bei einer Verletzung mit Grad III ist das Band vollständig gerissen. In diesem Fall ist eine operative Rekonstruktion des Kreuzbandes notwendig, um die mechanische Stabilität im Kniegelenk wiederherzustellen.
Bei wenig aktiven Patienten oder Patienten, die ihr Knie gut funktionell stabilisieren können, ist eine konservative Therapie auch eine Option. Tendenziell liefert die Kreuzband-OP aber ein besseres Langzeitergebnis. Wer wieder umfassend Sport treiben will, sollte sich also eher für die Operation entscheiden.
Unterscheidung nach Lokalisation des Risses
Neben dem Schweregrad der Verletzung können Kreuzbandrisse auch entsprechend ihrer Lokalisation unterteilt werden. Diese Einteilung ist vor allem für Verletzungen mit Grad III relevant.
- Proximal: Der Kreuzbandriss ist nahe am Oberschenkelknochen
- Distal: Die Verletzung ist nahe am Schienbein
- Intraligamentär: Das Band ist innerhalb gerissen
Wie werden diese Arten von Kreuzbandrupturen behandelt?
Proximale Kreuzbandruptur
Proximale Kreuzbandrupturen treten eher selten auf. Im Vergleich zu anderen Rupturtypen weisen sie allerdings ein hohes Heilungspotenzial auf. Bei dieser Art des Kreuzbandrisses ist eine Kreuzbandnaht beziehungsweise Kreuzbandrefixation möglich.
Bei der Operation wird die Technik der Mikrofrakturierung angewendet und das gerissene Band mit einem Anker fixiert. Ziel ist es, das gerissene Kreuzband anatomisch und biomechanisch möglichst wiederherzustellen, indem die Selbstheilung des Bandes angeregt wird.
Distale Kreuzbandruptur
Ein distaler Kreuzbandriss kommt häufiger vor als ein proximaler. Leider ist das Heilungspotenzial auch schlechter. Deshalb ist bei einem distalen Kreuzbandriss die Kreuzbandplastik die Regel. Dabei wird das gerissene Band durch eine körpereigene Sehne ersetzt.
Ausnahme ist ein knöcherner Ausriss an der Tibia, bei dem das Kreuzband selbst nicht gerissen ist. Hier ist eine Reinsertion möglich. Das heißt, das Knochenfragment wird samt Band wieder am Schienbeinknochen fixiert.
Bei guter Gewebequalität ist unter Umständen auch eine sogenannte Remnant Preservation möglich. Die Idee dahinter: Einen möglichst großen Anteil des originalen vorderen Kreuzbandes zu erhalten. Aktuell gibt es zu dieser Behandlung nur wenige aussagekräftige Studien. Der langfristige Erfolg lässt sich deshalb noch nicht vollständig einschätzen. Jedoch finden sich bisher auch noch keine eindeutigen Nachteile dieser Therapiemethode.
Intraligamentäre Kreuzbandruptur
Intraligamentäre Kreuzbandrisse sind sehr selten. Bei dieser Art der Verletzung tritt der Riss innerhalb des Bandes auf Der umgebende Synovialschlauch bleibt dabei erhalten. Diese Art der Verletzung ist relativ schwer zu diagnostizieren und als Forschungsgebiet noch recht jung. Der optimale Behandlungsansatz wird auch deshalb noch diskutiert.
Allerdings gibt es bereits vielversprechende konservative und operative Behandlungsmethoden, die bei einem intraligamentären Kreuzbandriss angewendet werden können. Der wahrscheinlich bekannteste Behandlungsansatz ist die sogenannte Healing Response. Auch das SKOOP-Forschungsprojekt zeigt bereits erste Erfolge bei intraligamentären Kreuzbandrupturen.
Alternativ kann bei einem intraligamentären Kreuzbandriss auch eine Rekonstruktion mit Kreuzbandplastik erfolgen. Diese wird auch am häufigsten angewendet, da vielen Orthopäden die Erfahrung fehlt, um intraligamentäre Kreuzbandrupturen zu diagnostizieren und anders zu behandeln.
Art der Ruptur entscheidet über Therapie
So individuell wie Patienten sind, so individuell sind auch die Arten von Kreuzbandrupturen. Der Schweregrad und die Lokalisation der Verletzung haben einen entscheidenden Einfluss auf die Behandlung. Deshalb ist es wichtig, dass du einen Arzt suchst, der sich gut damit auskennt.
Unter Umständen ersparst du dir nämlich eine Operation beziehungsweise einen Kreuzbandersatz und kannst dein vorderes Kreuzband erhalten.