Ein Kreuzbandriss ist für viele Sportler die Horrorvorstellung schlechthin. Gerade Fußballer und Skifahrer sind häufig davon betroffen. Erfahre hier alles Wichtige, was du über die Knieverletzung wissen musst.
Inhalt
Was ist ein Kreuzband?
In jedem Knie befinden sich zwei Kreuzbänder, wobei zwischen dem vorderen und hinteren Kreuzband unterschieden wird. Insgesamt hast du also vier Kreuzbänder.
Die Kreuzbänder sitzen zentral zwischen den Gelenkflächen von Oberschenkel (Femur) und Schienbein (Tibia) und verbinden diese miteinander. Ihren Namen haben die Kreuzbänder, weil sie sich überkreuzen. Das vordere Kreuzband zieht dabei von hinten außen (oben) nach vorne innen (unten), das hintere Kreuzband von vorne innen (oben) nach hinten außen (unten).
Funktion der Kreuzbänder
Gemeinsam mit dem Innen- und Außenband stabilisieren die Kreuzbänder dein Knie im Alltag und beim Sport. Dabei muss besonders das vordere Kreuzband (VKB) mehr Lasten aushalten.
Es verhindert, dass dein Oberschenkel übermäßig nach vorne über das Schienbein ausweicht (anteriore Tibiatranslation). Analog schützt das hintere Kreuzband (HKB) davor, dass dein Schienbein nach hinten unter den Oberschenkel gleitet (posteriore Tibiatranslation).
Daneben haben die Bänder deines Knies noch weitere Funktionen. Sie begrenzen zum einen die Streckung des Schienbeins, zum anderen schränken sie die Rotation des Kniegelenks ein.
Was passiert bei einem ein Kreuzbandriss?
Da die Kreuzbänder gerade bei sportlichen Aktivitäten hohen Belastungen ausgesetzt sind, kann es passieren, dass sie vollständig oder auch nur teilweise reißen. Weil das hintere Kreuzband dicker als das vordere ist und insgesamt das stärkste unter allen Bändern im Knie ist, reißt dieses seltener als das vordere.
Besonders gefährdet von einer Ruptur des Kreuzbandes sind Fußballer und Skifahrer (mehr zu den Kreuzbandriss Risikofaktoren). Zu einem vorderen Kreuzbandriss kommt es am häufigsten durch eine gleichzeitige Beugung und Drehung des Knies nach außen, was auch als Valgusstress bezeichnet wird. Das kann zum Beispiel bei abrupten Bremsbewegungen und gleichzeitigen Drehungen, im Zweikampf oder bei einem Sturz passieren.
Valgusmomente sind Kräfte, die auf das Knie einwirken und es nach innen kollabieren lassen. Eine Studie von G. Myklebust [1]Myklebust G, Engebretsen L, Braekken IH, Skjølberg A, Olsen OE, Bahr R. Prevention of anterior cruciate ligament injuries in female team handball players: a prospective intervention study over three … Continue reading besagt, dass 80% der Kreuzbandrisse auf ein solches Valgusmoment beim Landen oder bei einem Richtungswechsel zurückzuführen sind. Der Sportler nimmt also eine verstärkte X-Bein-Stellung ein.
Zu einem Varusstress kommt es hingegen bei einem innenrotierten und gebeugten Knie. Die Krafteinwirkung kommt also eher von der Innenseite. Das ist zum Beispiel beim Überkreuzen der Ski mit einem anschließenden Sturz der Fall.
In beiden Fällen können auch weitere Bandstrukturen im Knie mitverletzt werden. Beim Valgusstress ist in der Regel das Innenband betroffen, beim Varusstress meist das Außenband. Generell sind Begleitverletzungen wie Meniskusschäden, Außen- und Innenbandrisse oder Kapselverletzungen bei einem Kreuzbandriss nicht selten. Knöcherne Ausrisse kommen in Verbindung mit einem Kreuzbandriss hingegen nicht so häufig vor.
Es gibt aber auch isolierte Kreuzbandrisse, bei denen keine weiteren Strukturen verletzt sind.
Typische Symptome bei einem Kreuzbandriss
Der Moment, in dem ein Kreuzband reißt, ist für den Betroffenen nicht nur schmerzhaft, sondern auch deutlich hörbar. In einigen Fällen hören sogar Außenstehende das Knacken bei einer Ruptur. Während die Schmerzen meist schnell wieder abklingen, schwillt das Kniegelenk nach der Verletzung deutlich an. Es kann außerdem sein, dass sich ein blutiger Gelenkerguss bildet.
Eine Kreuzbandruptur geht zudem meist mit einem Gefühl der Instabilität einher. Diese ist allerdings erst bei deutlicher Beugung des Knies ab etwa 30° zu beobachten. Es kann daher sein, dass du im Alltag weniger Probleme spürst als beim Sport. In manchen Fällen lässt sich das Knie auch nicht mehr ganz strecken.
Bei einem vorderen Kreuzbandriss gibt das Kniegelenk außerdem beim Bergabgehen nach. Denn das Band ist nun nicht mehr da, um das Vorschieben des Oberschenkels über das Schienbein zu vermeiden.
Meine Erfahrung
Ohne die entsprechende Diagnostik lässt sich nicht sagen, ob ein Kreuzbandriss vorliegt oder nicht. Die Symptome können von Person zu Person nämlich sehr unterschiedlich sein und ich persönlich habe zum Teil andere Erfahrungen gemacht. Als mein Kreuzband gerissen ist, habe ich einen stechenden Knieschmerz gespürt und auch das Knacken gehört.
Kurz nach der Verletzung hat sich mein Knie komisch angefühlt, aber nicht übermäßig instabil. Bis auf eine minimale Schwellung, die nur wenige Tage dauerte, war nichts sichtbar. Ich hatte zudem ein Beuge- und kein Streckdefizit und konnte z.B. keinen Kniesitz mehr machen.
Da ich zu dieser Zeit sehr viel Sport gemacht und eine dementsprechend gut trainierte Muskulatur hatte, habe ich eine Instabilität auch nur auf labilen Untergründen (z.B. auf einem Balance Pad) gespürt. Ich konnte nach einer Woche problemlos joggen gehen und Krafttraining machen.
Auch wenn sich dein Knie nicht so instabil anfühlt oder wehtut, kann also trotzdem eine schwere Verletzung dahinterstecken.
Kreuzbandriss erkennen: So wird die Verletzung diagnostiziert
Eben weil die Symptome unterschiedlich ausfallen können, ist es wichtig, dass du dich von einem Arzt untersuchen lässt. Im Idealfall direkt von einem Orthopäden. Aber auch ein guter Hausarzt kann anhand der Patientenantworten schnell eine erste Verdachtsdiagnose stellen.
Für die Diagnose eines Kreuzbandrisses nutzt der Arzt verschiedene manuelle Tests sowie bildgebende Verfahren. Neben Gangprüfungen und Stabilitätstests sind vor allem der Lachman- und der vordere Schubladentest das Mittel der Wahl.
Vorderer Schubladentest
Beim Schubladentest hält der Patient (liegend oder sitzend) das Kniegelenk in einer 90°-Stellung gebeugt. Der untersuchende Arzt umfasst dann den Unterschenkel des Patienten mit beiden Händen und legt die Zeigefinger in die Kniekehle. Lässt sich der Unterschenkel nun ähnlich wie bei einer Schublade verschieben, liegt vermutlich ein Ruptur des Kreuzbandes vor.
Der Test eignet sich sowohl für die Diagnostik einer vorderen als auch einer hinteren Kreuzbandruptur. Bei einer Verschiebung nach vorne ist das vordere Kreuzband geschädigt und bei einer Verschiebung nach hinten das HKB.
Lachman-Test
Der Lachman-Test ist eine Form des Schubladentests für die Diagnose einer VKB-Ruptur. Bei diesem wird das zu testende Knie in einer Beugung von etwa 20° bis 30° gehalten, während der Patient liegt. Der Arzt umfasst den Unterschenkel so mit beiden Händen, dass die Zeigefinger in der Kniekehle liegen.
Der Unterschenkel wird dann nach ventral (d.h. nach vorne) gezogen. Die Verschiebbarkeit von Unterschenkel gegenüber dem Oberschenkel zeigt an, ob eine Verletzung des Kreuzbandes vorliegt oder nicht.
Der Lachman-Test ist positiv, wenn kein harter Anschlag zu spüren ist. Das Kreuzband ist dann sehr wahrscheinlich gerissen.
Bei einem harten Anschlag ist der Lachman-Test negativ. Ein Riss des VKB ist dann unwahrscheinlich.
MRT
Zur Absicherung der Diagnose werden auf jeden Fall bildgebende Verfahren genutzt. Ein Röntgenbild kann nur feststellen, ob knöcherne Strukturen verletzt wurden. Zur Diagnose einer Kreuzbandruptur musst du deshalb ein MRT machen lassen. Dieses zeigt, ob und welche Bänder verletzt wurden.
Auf dem MRT siehst du einen isolierten Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Kniegelenk. Das weiße, milchig aussehende Stück ist das gerissene Band. Ein gesundes Band zieht sich wie eine schwarze Linie durch das Bild und lässt sich dadurch meist gut von den anderen Strukturen im Knie abgrenzen.
Wie wird ein Kreuzbandriss behandelt?
Die Art der Kreuzbandriss-Behandlung hängt vom Schweregrad und der Lage der Verletzung ab. Ein mittiger Riss kann zum Beispiel mittels Naht fixiert werden (Kreuzbanderhaltung), bei einem Ausriss ist eine Operation unausweichlich.
Mit etwas Glück ist das Kreuzband nur überdehnt, dann solltest du eine Sportpause einlegen. Auch bei einem Teilriss ist eine konservative Therapie meist die erste Option.
Ob eine konservative oder operative Therapie für dich infrage kommt, besprichst du aber am besten mit deinem behandelnden Arzt.
Arten der Ruptur
Vollständiger Riss des Kreuzbandes
Bei einer kompletten Ruptur ist das Kreuzband vollständig gerissen. Die Stabilität des Kniegelenks ist dann nicht mehr gegeben und es kann nicht von alleine heilen.
Teilruptur des Kreuzbandes
Bei einer Teilruptur sind lediglich die inneren Fasern im Kreuzband gerissen sein, während die äußere Hülle nur gedehnt ist. Auch hier ist eine Stabilität im Kniegelenk nicht mehr gegeben, auch wenn das Kreuzband äußerlich intakt scheint. Sofern der Hauptteil des Bandes erhalten ist und die einzelnen Stümpfe nicht voneinander getrennt sind, kann das VKB von selbst heilen.
Ausriss an der knöchernen Verankerung
Vor allem bei Kindern und Jugendlichen kann das Kreuzband auch aus seiner Verankerung im Knochen reißen. Besonders die tibiale Verankerung (also die untere am Schienbein) ist hiervon gefährdet. Auch hier geht die Funktion des Kreuzbandes verloren.
Ruptur des hinteren Kreuzbandes
Weil das hintere Kreuzband viel kräftiger ist, reißt es seltener als das vordere. Typische Ursachen sind Autounfälle, bei denen das Knie am Armaturenbrett anstößt.
Lesetipp: Mehr zu den Arten von Kreuzbandrupturen
Konservative Therapie
Nicht jeder Kreuzbandriss erfordert eine Operation. Da eine HKB-Verletzung oft ein gutes Heilungspotenzial aufweist, wird hier eher die konversative Therapie bevorzugt. Im Allgemeinen spielen aber auch Alter und Lebensumstände des Patienten sowie der Schweregrad der Knieverletzung eine Rolle.
Gerade bei älteren Patienten und solchen, die nicht besonders aktiv sind, kann es ausreichen, den Kreuzbandriss konservativ zu behandeln. Eine konservative Therapie ist in der Regel aber nur möglich, wenn ein isolierter Kreuzbandriss vorliegt und somit keine weiteren Strukturen verletzt sind.
Eine konversative Behandlung ist außerdem sinnvoll, wenn mindestens 75% des Bandes noch intakt sind, da in diesem Fall eine Selbstheilung möglich ist.
Der Fokus der konservativen Therapie liegt auf dem Muskelaufbau. Die Muskulatur soll dabei die verlorene Bandfunktion im Knie kompensieren.
Zunächst erfolgt jedoch die Ruhigstellung und Stabilisierung des Knies. Die Ruhigstellung kann dabei mehrere Wochen dauern. Anschließend folgt die Physiotherapie mit einem konsequenten Training der Muskulatur. So lässt sich das Kniegelenk weitgehend stabilisieren, wobei die Muskeln quasi als Schiene für das Gelenk dienen.
Der kurzfristige Einsatz von Orthesen ist zu Beginn möglich und teilweise auch sinnvoll. Denn dadurch kann das Kreuzband entlastet und für die Selbstheilung geschont werden.
Operative Therapie
In den meisten Fällen kommst du bei einem Kreuzbandriss nicht an einer Operation vorbei. Ziel ist es, die Beweglichkeit und mechanische Stabilität des Knies wieder herzustellen. Eine OP bringt hier im Gegensatz zur konservativen Therapie in der Regel das bessere Langzeitergebnis.
Gerade junge und aktive Menschen brauchen ein stabiles Kniegelenk, um auch weiterhin sportlich aktiv zu sein. Ich selbst würde mich trotz meiner Rückschläge nach der OP auch jedes Mal wieder operieren lassen, da eine trainierte Muskulatur ein kaputtes Kreuzband (vor allem bei Frauen) einfach nicht in gleichem Maße ersetzen kann wie eine Kreuzbandplastik.
Entscheidest du dich für eine Operation, solltest du in jedem Fall einen erfahrenen Orthopäden suchen, der dein Knie operiert. Am besten gehst du dafür in eine spezialisierte Klinik und nicht in das nächstgelegene Krankenhaus. Denn ein Arzt, der regelmäßig Kreuzbänder operiert und dadurch mehr Erfahrung hat, kann den Erfolg der Behandlung enorm beeinflussen.
Bei einem Chirurgen, der hingegen nur 1-2 Kreuzbänder im Jahr operiert, kommt es häufiger zu Komplikationen oder erneuten Verletzungen. Das soll deshalb nicht heißen, dass der Arzt grundsätzlich schlecht ist. Eine Kreuzband-OP ist jedoch ein sehr komplexer Eingriff, dessen Erfolg maßgeblich von der Erfahrung des Operateurs abhängt.
Was passiert bei der OP?
Bei einer Kreuzband-OP wird eine körpereigene Sehne entnommen und anstelle des verletzten Kreuzbandes eingesetzt. Die Operation läuft heutzutage arthroskopisch (d.h. minimalinvasiv) ab.
Wenn du mehr über die OP-Methoden beim Kreuzbandriss erfahren willst, schau mal hier vorbei.
Gelegentlich erfolgt eine Kreuzband-OP ambulant, meistens jedoch stationär mit einem bis zu 3-tägigen Krankenhausaufenthalt. Die Operation kann in Voll- und Teilnarkose erfolgen. Für gewöhnlich wird aber eine Vollnarkose gewählt, da es bei einer Kreuzbandoperation durchaus etwas rabiater zugehen kann, was Patienten in Teilnarkose verunsichern würde.
Je nach Schwere der Verletzung und eingesetzter Operationstechnik dauert der Eingriff zwischen 1-2 Stunden, bei komplizierten Fällen auch länger.
Die Operation findet erst einige Wochen nach der eigentlichen Verletzung statt. Das liegt zum einen daran, dass man als Normalbürger nur selten den direkten Zugang zu einem Kniespezialisten hat und mit entsprechenden Wartezeiten rechnen muss. Zum anderen warten die meisten Ärzte mit einer Operation, bis das Knie reizlos und frei beweglich ist.
Bis dahin kann die Funktion des Kniegelenks jedoch deutlich eingeschränkt sein. Hast du hingegen nur wenige Beschwerden, solltest du die Zeit vor dem Eingriff für das Aufbautraining nutzen. So hat du eine bessere Ausgangslage nach der Operation.
Bei Leistungssportlern wird die Operation oft schon im akuten Stadium, also wenige Tage nach der Verletzung, durchgeführt. So kann der Betroffene schneller wieder ins Training zurückkehren.
Reha nach Kreuzband-OP
Wie die Rehabilitation genau abläuft und wie lange sie dauert, hängt von verschiedenen persönlichen Faktoren ab. Dazu gehören unter anderem
- die körperlichen Voraussetzungen (z.B. Trainingszustand vor der Verletzung),
- die Ziele der Reha (z.B. Anknüpfen an das alte Leistungsniveau),
- das Ausmaß der Verletzungen und
- die Art des verwendeten Kreuzbandersatzes (bei einer OP).
Manchmal gibt es auch externe Faktoren, auf die man keinen Einfluss hat. Das können zum Beispiel Komplikationen nach der Kreuzband-OP sein. Möglicherweise dauert die Kreuzband-Reha dann etwas länger.
Ob und wann du wieder zum Sport zurückkehren kannst, hängt daneben nicht nur vom Operateur und Phystiotherapeuten, sondern zu einem großen Teil auch von deiner eigenen Motivation ab. Wenn du regelmäßig deine Übungen machst (ohne das Knie dabei zu überlasten), kommst du schneller wieder zurück als jemand, der seine Zeit lieber auf dem Sofa verbringt.
Wie lang fällt man nach einer Kreuzband-OP aus?
Eine Operation des Kreuzbandes ist immer ein schwerer Eingriff, von dem du dich erholen musst. Die Nachbehandlung unterscheidet sich von Arzt zu Arzt. Insgesamt solltest du aber eher moderat an deiner Reha arbeiten und nichts erzwingen.
In der ersten Woche solltest du dich deshalb erstmal schonen. Ab der zweiten Woche geht normalerweise die physiotherapeutische Behandlung mit Lymphdrainage und Krankengymnastik los. Die Lymphdrainage hilft gegen Schwellungen im Knie, in der Krankengymnastik machst du erste Übungen um die Muskelatrophie (d.h. eine Verringerung der Muskelmasse) zu verringern.
Nach ungefähr drei Wochen brauchst du keine Krücken mehr (manchmal auch früher) und kannst je nach Heilungsverlauf wieder eine sitzende Tätigkeit ausüben. Leichtes sportliches Training und körperlich belastende Arbeiten sind frühestens nach drei Monaten wieder möglich. Du solltest hier zwischen Reha und Training unterscheiden. Denn deine Physiotherapie ist kein Training im eigentlichen Sinne, sondern soll dir helfen, möglichst bald auf ein „alltagstaugliches“ Niveau zurückzukehren.
Mit schonenden Sportarten kannst du zwischen 4 und 6 Monaten nach der Kreuzband-OP wieder beginnen. Schwere Belastungen sowie Stop-and-Go- oder Kampfsportarten solltest du erst nach 9 bis 12 Monaten wieder aufnehmen. Sonst besteht ein hohes Risiko für eine Re-Ruptur des operierten Kreuzbandes.
Warum können Profifußballer teilweise schon nach einem halben Jahr wieder auf den Platz?
Im Gegensatz zu dir handelt es sich bei Profifußballern um Leistungssportler. Sie werden in der Regel nicht nur von absoluten Koryphäen operiert, sondern während der kompletten Reha intensiv betreut. Während du also nur zweimal in der Woche zur Physiotherapie gehst, wird ein Profisportler jeden Tag behandelt und der Behandlungsplan auf seinen individuellen Heilungsverlauf angepasst.
Bei Fußballprofis spielt außerdem auch das Geld eine große Rolle. Ein Fußballer, der aufgrund einer Verletzung nicht spielen kann, bringt einem Club nichts. Deshalb sind Vereine daran interessiert, einen Profi schnell wieder fit zu bekommen.
Die biologischen Faktoren einer Heilung lassen sich dadurch aber nicht beziehungsweise nur bedingt beschleunigen. Dein Körper braucht Zeit, um eine Kreuzbandplastik einheilen zu lassen. Deshalb ist die schnelle Rückkehr nach einer Kreuzband-OP immer mit einem gewissen Risiko verbunden.
Bei einem idealen Heilungsverlauf spricht nichts dagegen, früher wieder in den Sport einzusteigen. Allerdings solltest du immer mit deinem behandelnden Arzt oder Therapeuten Rücksprache halten und dich nicht an einem Leistungssportler orientieren.
Es ist manchmal schwer zu akzeptieren, wie lange es dauert und wie viel Aufwand nötig ist, bis die frühere Leistungsfähigkeit zurückkehrt. Neben konsequentem Training ist deshalb Geduld eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Rehabilitation.
Autofahren nach der Kreuzband-OP
Auch für mich war die Frage, ob ich nach meiner Kreuzband-OP Auto fahren kann, sehr wichtig. Schließlich bedeutet es mehr Mobilität und Freiheit, wenn du zum Beispiel selbst zur Physiotherapie fahren kannst.
Nach einer Kreuzband-Operation erhältst du normalerweise für eine Woche eine Streckschiene, anschließend eine Orthese für sechs Wochen bis drei Monate. Bei dieser ist die Beugung in den ersten Wochen begrenzt, um die Kreuzbandplastik zu schützen. Zusätzlich ist für einige Zeit (zwischen 1 und 3 Wochen) nur eine Teilbelastung des Beines erlaubt.
Bei einer Operation am rechten Bein darfst du während der Teilbelastung nicht Auto fahren. Hast du ein Automatikfahrzeug und ist die Operation am linken Bein spricht aber nichts gegen das Autofahren nach einer Kreuzband-OP. Das gilt allerdings nicht für den Tag der OP. Wenn du bei einem ambulanten Eingriff direkt nach Hause gehst, musst du dich abholen lassen, da du nach einer Narkose nicht Auto fahren darfst.
Mit Prävention Kreuzbandriss vorbeugen
Inoffizielle Zahlen gehen davon aus, dass sich gut ein Viertel erneut das Kreuzband reißt.
Dabei liegt die Wahrscheinlichkeit höher, dass die nächste VKB-Ruptur im kontralateralen Knie (d.h. auf der anderen Seite) und nicht im bereits operierten Knie passiert. Operation und Reha können deshalb nicht die Ursache sein, vielmehr liegt es dann am fehlenden Training.
Denn es gibt bestimmte Risikofaktoren für einen Riss des vorderen Kreuzbandes, die sich fast alle durch ein gezieltes Training eliminieren lassen.
Zu diesen Risikofaktoren gehören:
- Geschlecht und Menstruationszyklus (Frauen sind häufiger von einer VKB-Ruptur betroffen als Männer)
- Fehlstellungen der Beine (z.B. X-Beine)
- Muskuläre Dysbalancen
- Fußfehlstellungen wie Senk-, Spreiz- oder Plattfüße
- Verspannte und schwache Oberschenkelmuskeln
- Geringe Rumpfstabilität
- Verringerte koordinative Fähigkeiten
- Schlechte Propriozeption
Diese Faktoren hängen alle eng miteinander zusammen. Umso wichtiger ist es, dass du nicht nur an deiner Oberschenkelmuskulatur, sondern auch an deiner Rumpfstabilität, Koordination und Propriozeption arbeitest.
Propriozeptives Training
Auch nach Abschluss der Behandlung solltest du deshalb regelmäßg etwas für deine Kniegesundheit tun. Ein propriozeptives Training spielt dabei eine wichtige Rolle. Denn leider ist auch ein sehr gut operiertes Knie kein gesundes Knie mehr und die Ansteuerung nicht mehr genauso wie vorher möglich, da die erforderlichen Mechanorezeptoren im Kreuzband fehlen.
Mit propriozeptivem Training kannst du die umliegenden Muskeln aber soweit trainieren, dass sie die Funktion der Kreuzband-Rezeptoren sehr gut kompensieren können.
Propriozeption ist quasi der sechste Sinn und hilft unserem Gehirn, die Lage des eigenen Körpers im Raum wahrzunehmen. Was heißt das konkret?
Stell dir vor, du stehst barfuß im Sand. Mit beiden Beinen wirst du noch relativ stabil stehen. Sobald du nur noch auf einem Bein stehst, wird es aber wacklig und du merkst, wie deine Muskeln arbeiten müssen, um das Gleichgewicht zu halten. Ohne diese Tiefensensibilität würdest du einfach umfallen beziehungsweise könntest nicht auf einem Bein im Sand stehen.
Bei einem Kreuzbandriss ist diese propriozeptive Wahrnehmung gestört und du musst sie muskulär wieder trainieren. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass deine Tiefensensibilität im operierten Knie nicht mehr so gut sein wird wie im gesunden Knie. Das liegt daran, dass eine Kreuzbandplastik keine Rezeptoren hat, um die Propriozeption zu steuern.
Du kannst sie muskulär durch andere Rezeptoren aber bis zu einem gewissen Grad ausgleichen und dich damit vor zukünftigen Verletzungen schützen. Studien haben nämlich bereits gezeigt, dass sich die Wahrscheinlichkeit eine Kreuzbandruptur durch ein präventives Training um bis 50 % reduzieren lässt.
Du solltest dein Training deshalb entsprechend anpassen, um Verletzungen eher vermeiden zu können. Natürlich ist das keine Garantie, aber du kannst dein Risiko, einen erneuten Kreuzbandriss zu erleiden, deutlich minimieren.
Quellen und weiterführende Links[+]
↑1 | Myklebust G, Engebretsen L, Braekken IH, Skjølberg A, Olsen OE, Bahr R. Prevention of anterior cruciate ligament injuries in female team handball players: a prospective intervention study over three seasons. Clin J Sport Med. 2003 Mar;13(2):71-8. doi: 10.1097/00042752-200303000-00002. PMID: 12629423. |
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