Wer sich das Kreuzband schon einmal gerissen hat, wird sich irgendwann auch mit dem Thema Prävention beschäftigen. Denn gerade nach der Knieverletzung ist die Wahrscheinlichkeit, sich das Kreuzband nochmal zu reißen, viel höher. Wenn du einen erneuten Kreuzbandriss vorbeugen willst, kannst du mit gezieltem Training und der richtigen Prävention zum Glück schon viel erreichen.
Inhalt
Den Verletzungsmechanismus verstehen
Um einen Kreuzbandriss vorzubeugen, musst du erst einmal den Verletzungsmechanismus verstehen. Die meisten Kreuzbänder reißen nämlich ohne Kontakt mit einem Gegenspieler. Bei etwa 70 Prozent der Kreuzbandrisse sind stattdessen Stoppbewegungen, Richtungswechsel oder schnelle Drehungen und Landungen bei stehendem Fuß und einem nahezu gestreckten Knie die Ursache für die Verletzung.
In diesen Situationen entsteht häufig ein sogenanntes Valgusmoment (oder Valgusstress). Dabei nimmt der Betroffene eine verstärkte X-Bein-Stellung ein, bei der das Knie gebeugt und gleichzeitig nach außen gedreht ist. Die anteriore (vordere) Kraft auf die Tibia wird dadurch so groß, dass das vordere Kreuzband reißt.
Für dich ist das erst einmal eine gute Nachricht. Denn es gibt verschiedene Risikofaktoren, die eine VKB-Verletzung begünstigen. Und diese lassen sich durchaus beeinflussen. Auch wenn sich genetische Voraussetzungen (Frauen sind etwa vier- bis sechsmal häufiger betroffen) nicht ändern lassen, kannst du zumindest dein Training steuern.
Mit den richtigen Übungen kannst du zum Beispiel eine schlechte Technik oder muskuläre Dysbalancen abtrainieren, die das Risiko einer Kreuzbandverletzung erhöhen.
Veränderbare Risikofaktoren erkennen
Konkreter heißt das: Es gibt Kreuzband-Risikofaktoren, die sich verändern lassen. Diese werden in vier Kategorien eingeteilt:
Bewegung und Alignment
Bestimmte Bewegungsmuster und Ausrichtungen anatomischer Strukturen fördern das Risiko einer Kreuzbandverletzung. Darunter fällt zum Beispiel die Valgusstellung des Knies. Das heißt einfach, dass deine Bewegungsabläufe anatomisch nicht ideal sind. Dadurch kommt es zu unterschiedlichen Belastungen, die unter Umständen ungünstig für dein Knie sein können.
Kraft
Eine zu schwache Muskulatur ist ein weiterer Risikofaktor für einen Kreuzbandriss. Insbesondere eine Schwäche der Hüftrotatoren und der Oberschenkelmuskulatur machen dich anfällig für die Knieverletzung. Und auch ein schwacher Core und die dadurch verringerte Rumpfstabilität sorgen für ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Auch deshalb ist der Muskel- und Kraftaufbau ein zentraler Bestandteil der Kreuzband-Reha.
Schlechte Reaktionsfähigkeit
Sind Quadrizeps oder Hamstrings zu schwach, ist es für deinen Körper meist schwierig, in bestimmten Situationen schnell und adäquat zu reagieren. Denn in der Regel ist dabei auch die neuronale Ansteuerung schlecht ausgebildet. Dein Körper kann auf ungünstige Bewegungen oder Belastungen dann nicht schnell genug reagieren, um sich vor einer Verletzung zu schützen. Gerade bei Landungen (z.B. nach einem Kopfball) oder schnellen Richtungswechseln kommt es dadurch beispielsweise zu einer größeren Last auf das vordere Kreuzband.
Ermüdung
Ermüdung führt zum Verlust der motorischen Kontrolle. Dem Körper fehlt dann die Spannung, um optimal auf einen Bewegungsablauf zu reagieren. Insbesondere die Landephase eines Sprungs wird so zum Risikofaktor für das Knie.
Das ist wichtig für dein Kreuzband
Unterm Strich heißt das also, dass du deine Schwachstellen trainieren musst, um einen erneuten Kreuzbandriss vorzubeugen. Beim einen können das schwache Hüftrotatoren sein, beim anderen eine unzureichende Kraftausdauer. Denn eine Instabilität geht meist mit einer schlechten beziehungsweise fehlerhaften Bewegungsausführung einher. Und diese kann wiederum unterschiedliche Ursachen wie eine schwache Muskulatur oder eine schnelle Ermüdung haben.
Merke: Für eine dynamische Kniestabilität sind eine kräftige Knie- und Hüftmuskulatur, ein gutes Gleichgewicht und ein starker Core wichtig.
Wenn du verstehst, mit welchen Muskeln dein Kreuzband zusammenarbeitet und wie sich muskuläre Defizite auf deine Beinachse und Bewegungsabläufe beim Sport auswirken, merkst du schnell, woran du arbeiten musst. Das ist wichtig, um ein effektives Präventionsprogramm ausarbeiten zu können. Denn einen Kreuzbandriss vorbeugen kannst du nur, wenn du weißt, wo das Problem ist.
Kreuzbandriss vorbeugen mit der richtigen Prävention
Das grundsätzliche Ziel von Prävention ist es, Verletzungen zu vermeiden. Dabei werden mögliche Ursachen für eine beeinträchtige Bewegungsfunktion erkannt und durch Training vermieden, verzögert oder abgeschwächt.
Kurzum: Ein präventives Trainingsprogramm soll schlechte Bewegungsmuster reduzieren oder ganz verhindern.
Im Kontext mit einem Kreuzbandriss heißt das, dass du Probleme wie etwa muskuläre Defizite oder eine schlechte Landetechnik abtrainierst. Das gelingt dir mit speziellen Lauf-, Balance-, Sprung- oder Kraftübungen, die auf dein individuelles Defizit abgestimmt sind.
Das gehört ins Präventionsprogramm
Konkret gibt es fünf Punkte, die du bei der Planung der Kreuzbandriss-Prävention beachten solltest.
- Das Problem identifizieren: Du musst wissen, wo deine Schwachstelle ist. Ansonsten weißt du nicht, woran du arbeiten musst. Mögliche Probleme sind zum Beispiel eine schwache Hüft- und Beinmuskulatur, eine schlechte Sprung- und Landetechnik oder eine unzureichende Kraftausdauer, die zu einer schnellen Ermüdung führt.
- Die richtigen Übungen: Wenn du deine Schwachstelle kennst, kannst du sie gezielt trainieren. Je nach Problem eignen sich dafür unterschiedliche Übungen. Für den Muskelaufbau sind das Kräftigungsübungen, während du für die richtige Landetechnik vermehrtes Sprungtraining machen solltest.
- Der richtige Trainingsumfang: Es bringt dir nichts, einfach wie wild drauf loszutrainieren. Stattdessen solltest du deine Übungen sinnvoll dosieren, damit es nicht zu neuen Dysbalancen oder einer Überlastung kommt. Denn die Schwachstellen werden in der Regel ja nicht trainiert. Zu viel auf einmal sorgt dann schnell für neue Probleme.
- Die richtige Häufigkeit: Gerade am Anfang solltest du die ausgewählten Übungen zwei- bis dreimal pro Woche in dein Trainingsprogramm einbauen. Später reicht es in der Regel, wenn du die Übungen dann noch einmal in der Woche machst.
- Das richtige Timing: Kräftigungsübungen kannst du so in deinen Trainingsplan integrieren, wie es dir am liebsten ist. Stabilitäts- oder Koordinationsübungen solltest du dagegen eher an den Anfang deiner Trainingseinheit setzen. Dein Körper ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschöpft und der Trainingseffekt damit nachhaltiger.
In Kombination ergibt sich daraus ein sinnvolles und sicheres Trainingsprogramm zur Kreuzbandriss-Prävention.
Auch Prävention schützt nicht immer
Ein Trainingsprogramm zur Kreuzbandriss-Prävention kann das Risiko einer Verletzung zwar deutlich senken, aber dennoch nicht zu 100 Prozent vermeiden. Denn auch bei einer gut trainierten Muskulatur und einer perfekten Technik kann es immer zu einer falschen Bewegung oder einem unglücklichen Zweikampf oder Sturz kommen. Sonst würde sich wohl kein Profisportler das Kreuzband reißen.
Mit einem gezielten Präventionsprogramm schaffst du dir aber zumindest eine gute Ausgangslage, um dir dein Kreuzband nicht (erneut) zu reißen. Gerade in Risikosportarten wie Fußball oder Skifahren kann dies nämlich am Ende den Unterschied zwischen einem gesunden und einem (mehrfach) verletzten Knie ausmachen.