Das hintere Kreuzband steht immer etwas im Schatten des vorderen Kreuzbandes. Das überrascht auch nicht wirklich. Denn eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes ist etwa zehnmal häufiger als ein hinterer Kreuzbandriss. Ist dein hinteres Kreuzband gerissen, sind Therapie und Reha jedoch ähnlich zur VKB-Ruptur.
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Funktion des hinteren Kreuzbandes
Das hintere Kreuzband arbeitet analog zum vorderen Kreuzband. Das heißt, es verhindert ein Verschieben des Unterschenkels nach hinten, insbesondere bei gebeugtem Knie. Ist das hintere Kreuzband gerissen, lässt sich der Unterschenkel in der Folge passiv ungefähr 5-10 mm nach hinten drücken (hintere Schublade).
Als dickstes und wichtigstes Band im Knie trägt das hintere Kreuzband also wesentlich zur Stabilität des gebeugten Kniegelenks bei. Zusammen mit dem vorderen Kreuzband stützt und schützt das hintere Kreuzband dein Kniegelenk bei alltäglichen und sportlichen Belastungen.
Die Frage, ob ein vorderer oder hinterer Kreuzbandriss schlimmer ist, lässt sich damit auch nicht pauschal beantworten. Beide Bänder sind enorm wichtig für die Biomechanik und Funktionalität deines Knies. Aufgrund seiner komplizierteren Behandlung und Seltenheit wird eine Ruptur des hinteren Kreuzbandes allerdings oft als schwerwiegender angesehen.
Wann reißt ein hinteres Kreuzband?
Typisches Verletzungsmuster für einen hinteren Kreuzbandriss ist eine schwere Krafteinwirkung von vorne gegen den Schienbeinkopf bei gebeugtem Knie.
Das passiert zum Beispiel bei einem Autounfall, wenn das Kniegelenk gegen das Armaturenbrett schlägt. Auch Motorradunfälle, bei denen der Fahrer oder Sozius stürzen, können zu einem Riss des hinteren Kreuzbandes führen.
In beiden Fällen kommt es zu einer hohen Gewalteinwirkung auf das Kniegelenk, bei welcher der Unterschenkel im gebeugten Kniegelenk maximal nach hinten gedrückt wird, wodurch das hintere Kreuzband reißt.
Ungefähr die Hälfte aller hinteren Kreuzbandrisse sind wiederum Folge eines Sportunfalls. Insbesondere der Torwart beim Fußball ist durch ein direktes Zusammenprallen mit dem Gegenspieler gefährdet.
So erkennt der Arzt, ob dein hinteres Kreuzband gerissen ist
Wie bei einem Riss des vorderen Kreuzbandes kommen auch beim Verdacht auf einen hinteren Kreuzbandriss zur Diagnosestellung Röntgen und MRT zum Einsatz. Leider werden gerade isolierte HKB-Verletzungen nicht selten übersehen, da Schmerzen und Gelenkserguss meist weniger stark ausgeprägt sind als bei einer VKB-Ruptur. Und auch die MRT-Untersuchung kann unter Umständen keinen eindeutigen Befund liefern.
Wichtigstes klinisches Zeichen ist daher der hintere Durchhang des Unterschenkels beziehungsweise die hintere Schublade. Kann der Arzt deinen Unterschenkel ohne Widerstand nach hinten drücken oder hängt dieser durch, ist das meist ein sicheres Anzeichen dafür, dass dein hinteres Kreuzband gerissen ist.
Arten der Verletzung
Auch bei einem hinteren Kreuzbandriss können verschiedene Verletzungsformen auftreten. Die Bandbreite reicht von isolierten HKB-Rupturen über multiligamentäre Verletzungen, bei denen zum Beispiel die Seitenbänder mit betroffen sind, bis hin zu HKB-Verletzungen mit knöchernem Ausriss.
Isolierte hintere Kreuzbandverletzungen sind eher selten. Meist werden weitere Strukturen wie Kapsel, Menisken oder Knorpel beschädigt. Je mehr Strukturen verletzt sind, desto komplexer wird auch die Behandlung.
Die richtige Behandlung bei einem hinteren Kreuzbandriss
Prinzipiell wird zwischen einer konservativen und operativen Behandlung unterschieden. Wie beim vorderen Kreuzband gibt es aber auch für die Therapie bei einem hinteren Kreuzbandriss nicht den einen Goldstandard.
Die bestmögliche Behandlung ist für jeden Patienten letztlich individuell. Zum einen kommt es auf die genaue Diagnose ein, da immer auch mögliche Begleitverletzungen berücksichtigt werden müssen. Zum anderen spielt auch deine persönliche Situation eine Rolle bei der Therapiewahl. Dazu zählen zum Beispiel dein Alter, dein Beruf und dein zukünftiger sportlicher Anspruch an dein Knie. Mit Blick auf diese individuellen Faktoren entscheidet dein Arzt gemeinsam mit dir, welche Behandlung für dich die beste ist.
Konservative Therapie
Da das hintere Kreuzband besser durchblutet ist, zeigt es bei einer frühzeitigen Diagnose eine gute Spontanheilungstendenz. In diesem Fall fällt die Entscheidung zunächst auf die konservative Therapie.
Bei der konservativen Therapie musst du mehrere Wochen lang konsequent Tag und Nacht eine spezielle PTS- Schiene tragen, die dein Bein gestreckt hält. Das ist wichtig, um ein Zurückfallen des Unterschenkels zu vermeiden, damit das gerissene hintere Kreuzband wieder zusammenheilen kann. Deshalb darfst du sie nur zum Duschen kurz abnehmen.
Nach etwa sechs Wochen darfst du die Krücken weglegen und dein Bein wieder voll belasten. In dieser Zeit musst du die PTS-Schiene nur noch nachts tragen, tagsüber erhältst du eine spezielle Orthese für die HKB-Therapie, bei der die Beugung auf 140 Grad begrenzt ist.
Bei der Physiotherapie darfst du die Schiene für Bewegungsübungen in Bauchlage ablegen. Durch einen kontinuierlichen Ventralzug am Schienbeinkopf verhindert dein Physiotherapeut dabei weiterhin das Zurücksinken des Unterschenkels.
Nach insgesamt 12 Wochen – also drei Monaten – erfolgt in der Regel eine erneute Kontrolle beim Arzt. Diese Zeit benötigt dein hinteres Kreuzband für die Heilung. Deshalb darf auch auf keinen Fall vorher eine Stabilitätsprüfung durchgeführt werden.
Stellt dein behandelnder Arzt keine Instabilität fest, kannst du nach den 12 Wochen verstärkt mit der Kreuzband-Reha beginnen. Das heißt, du kannst deine Kraft, Ausdauer und Propriozeption trainieren. Zeigt dein Knie hingegen weiterhin eine Instabilität, weil das hintere Kreuzband nicht oder nicht ausreichend zusammengewachsen ist, kann eine Operation notwendig sein.
Operative Therapie
Wie bei der vorderen Kreuzband-OP wird auch für die hintere Kreuzbandplastik ein körpereigenes Sehnentransplantat genutzt. Hier sind die Semitendinosus-Sehne sowie die Patellarsehne meist erste Wahl. Im Großen und Ganzen laufen beide Operationen ähnlich ab. Willst du mehr zum grundsätzlichen OP-Ablauf wissen, schau hier vorbei: Das passiert vor und während der Kreuzbandriss Operation.
Generell ist der Eingriff nach einem hinteren Kreuzbandriss jedoch komplexer und technisch anspruchsvoller. Du solltest diese Operation deshalb nur von einem Spezialisten beziehungsweise in einer Klinik durchführen lassen, die eine hintere Kreuzband-OP regelmäßig vornehmen.
Reha nach hinterem Kreuzbandriss
Der größte Unterschied zur vorderen Kreuzband-Reha ist bei der konservativen Therapie. Ist dein hinteres Kreuzband gerissen und wird dies ohne OP behandelt, darfst du dein Knie in den ersten sechs Wochen nicht beugen (außer bei Übungen in Bauchlage während der Physiotherapie), um ein optimales Zusammenheilen des Kreuzbandes zu gewährleisten.
Auch danach solltest du eine komplette Kniebeugung oder Arbeiten in der Hocke für weitere drei Monate vermeiden. Nach der dreimonatigen Schienenbehandlung erfolgt der schrittweise sportliche Belastungsaufbau.
Bei der Operation nach einem hinteren Kreuzbandriss können die zeitlichen Intervalle je nach Schwere der Verletzung variieren. Grundsätzlich ist die Reha nach Kreuzbandriss bei beiden Kreuzbändern jedoch sehr ähnlich. Denn am Ende geht es bei beiden Verletzungen darum, die vollständige körperliche Leistungsfähigkeit für die sichere Rückkehr zum Sport und Alltag zu erreichen.